Nun konnte das Leben in Dublin beginnen. Es waren oft kleine Dinge, die uns
ins Auge sprangen. Hier musste alles sehr schnell gehen. Die Fußgänger
bewegten sich alle in einem Eiltempo, dass es geradezu komisch wirkte.
In den Kaufhäusern wurden fast nur Fertigprodukte angeboten. Und zu unserer
Überraschung schminkten sich viele Frauen sogar am Morgen im Zug, um so Zeit
zu sparen.
Natürlich waren wir auch alle auf unseren neuen Praktikumsplatz gespannt.
Wir wurden von der Leiterin freundlich begrüßt und durch den Kindergarten
geführt. Unsere Vorstellungen von einem Kindergarten wurden bald ordentlich
über den Haufen geworfen. So staunten wir über den Altersunterschied der
Kinder. Vom Kleinkind mit drei Monaten bis zum zehnjährigen Schüler war
alles unter einem Dach. Wir hatten das Gefühl, dass die Kinder unter
besonders strenger Aufsicht waren und auch von kleinen Kindern viel Leistung
erwartet wurde. Eine Art Schulunterricht beginnt bereits mit vier Jahren und
zweijährige Kinder kannten alle Kontinente mit Namen. Sie trugen Uniformen
und hatten genaue Regeln zu befolgen. Auf Kreativität und
Persönlichkeitsentwicklung wurde meiner Meinung nach eher weniger Wert
gelegt.
Nach dem ersten Arbeitstag begann in der Wohnung eine heiße Diskussion über
die neuen Eindrücke. Bald war uns die „andere Pädagogik“ nicht mehr so
fremd. Und wir begriffen auch, dass wir nicht hier waren um die
österreichische Kindergartenpädagogik wieder zu finden, sondern um Neues
kennen zu lernen.
Was für uns ungewöhnlich war, schien für die Erzieherinnen und Kinder völlig
normal zu sein. Die Ganztageseinrichtung war für die meisten Kinder wie eine
Familie. Durch das ständige Zusammensein waren die Kinder nicht auf sich
alleine gestellt und es entwickelten sich vielseitige soziale Kontakte.
Zu unserer Freude stellte sich heraus, dass unsere Englischkenntnisse recht
passabel waren. Zwar kam es manchmal vor, dass uns zwei kleine Kinderaugen
verdutzt anstarrten, als wir etwas sehr Unverständliches von uns gaben, doch
mit der Zeit redeten wir Österreicherinnen sogar Englisch miteinander.
Natürlich lernten wir auch das Dubliner Freizeitleben kennen. Was uns sehr
gefiel, war ein eigenes Viertel mit Lokalen und die Stadt erwies sich als
wahres Einkaufsparadies. An freien Abenden bummelten wir durch die Stadt und
genossen die große Freiheit.
Als wir uns schon im Eilschritt der Einheimischen bewegten und uns schon
fast als Dubliner fühlten, stand ganz überraschend die Abreise bevor.
Wir waren traurig über den Abschied aber gleichzeitig rührte sich die
Vorfreude über das baldige Wiedersehen mit unseren Familien und Freunden.
Auf dem Rückflug gingen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Wir hatten
viele neue Eindrücke gesammelt, waren um einige Erfahrungen reicher geworden
und ich freute mich schon auf einen Schluck Wasser aus unseren Bergen.
Sarah Bader,
Februar 2004
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