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Abschlussbericht des Leonardo-Projekts „EDuCARE“: Dublin

 

Ein neues Land bedeutet eine neue Umgebung, einen unbekannten Tagesablauf, neue Menschen und eine andere Kultur. Und plötzlich beginnt man sich wieder intensiver mit sich selbst zu beschäftigen. Wer bin ich? Was kann ich? Wie reagiere ich? Die Unsicherheit zwingt uns wacher zu werden, bewusster zu leben. Auf einmal beginnt man wieder den Regen zu schmecken und die Welt mit neuen Augen zu sehen.

Es  begann damit, dass uns eines Tages in der Schule ein außergewöhnliches Projekt vorgestellt wurde. Erstmals gab es die Möglichkeit, unser jährliches Kindergartenpraktikum im Ausland zu absolvieren. Alle Schülerinnen der vierten Klassen konnten sich mit einem Bewerbungsschreiben für diese Reise anmelden. Abgesehen von den finanziellen Mitteln galt es zu überlegen, ob man bereit war viel persönlichen und außerschulischen Einsatz zu leisten.

Irgendwann im Mai kam die Entscheidung. Ein Lehrerkomitee hatte anhand eines Punktesystems zu entscheiden, wer für die Reise in Frage kommt. Als die Namen vorgelesen wurden, herrschte in unserer Klasse eine unglaubliche Stille. Die Entscheidung war gefallen. Nun wurde es ernst.
In diesem Moment startete unsere Abenteuerreise. In wenigen Monaten würden wir in Irland sein. Wo werden wir wohnen? Wie werden die Menschen sein? Reisen wir wirklich alleine? Viele Fragen drängten sich auf. Gott sei Dank waren wir nicht völlig auf uns alleine gestellt.

 

 
 

Unsere LehrerInnen bereiteten uns gut auf die Herausforderungen vor. Wir hatten zusätzlichen Didaktik- und Englischunterricht. Dazu kam die Aufgabe unseren Aufenthalt möglichst alleine zu organisieren. Also machten wir uns an die Arbeit, einen passenden Wohnung zu finden. Wir wühlten in Prospekten, suchten im Internet und diskutierten die verschiedenen Wohnmöglichkeiten. Nach langem hin und her fanden wir schließlich eine passende Wohnung, die sich sogar noch in unserer Preisklasse befand.

 

 

 

Die Zeit verging wie im Flug und plötzlich stand die Abreise vor der Tür. Jetzt war es wirklich so weit! Wir würden in zwei Tagen nach Dublin fliegen! Ich kletterte auf unseren Dachboden und holte den größten Reisekoffer hervor, um nur das einzupacken, was ich auch wirklich brauchte.

Als wir dann am Flughafen standen, waren alle ziemlich aufgeregt. Doch meine Angst beschränkte sich eher auf die Kofferwaage als auf das Fliegen.
Dann hieß es: „Bitte schließen Sie nun ihren Sicherheitsgurt und öffnen Sie ihn während des Starts nicht! Wir wünschen Ihnen einen angenehmen Flug!“

Der Flug verlief ohne Probleme, doch beim Verlassen des Flugzeugs bemerkte ich den ersten Unterschied. Das intensive Schweizerdeutsch der „Board Crew“ verwandelte sich plötzlich in perfektes Englisch. Bald lernten wir auch den typischen Dubliner Busfahrer kennen, welcher den Formel 1 - Fahrern durch seine Geschwindigkeit ernstzunehmende Konkurrenz machte. Wir waren sehr froh, als wir heil vor unserer neuen Wohnung standen. Sie war zu unserer Überraschung sehr groß, gut ausgestattet und lag mitten im Zentrum.

 

 

Nun konnte das Leben in Dublin beginnen. Es waren oft kleine Dinge, die uns ins Auge sprangen. Hier musste alles sehr schnell gehen. Die Fußgänger bewegten sich alle in einem Eiltempo, dass es geradezu komisch wirkte.

In den Kaufhäusern wurden fast nur Fertigprodukte angeboten. Und zu unserer Überraschung schminkten sich viele Frauen sogar am Morgen im Zug, um so Zeit zu sparen.
Natürlich waren wir auch alle auf unseren neuen Praktikumsplatz gespannt.

Wir wurden von der Leiterin freundlich begrüßt und durch den Kindergarten geführt. Unsere Vorstellungen von einem Kindergarten wurden bald ordentlich über den Haufen geworfen. So staunten wir über den Altersunterschied der Kinder. Vom Kleinkind mit drei Monaten bis zum zehnjährigen Schüler war alles unter einem Dach. Wir hatten das Gefühl, dass die Kinder unter besonders strenger Aufsicht waren und auch von kleinen Kindern viel Leistung erwartet wurde. Eine Art Schulunterricht beginnt bereits mit vier Jahren und zweijährige Kinder kannten alle Kontinente mit Namen. Sie trugen Uniformen und hatten genaue Regeln zu befolgen. Auf Kreativität und Persönlichkeitsentwicklung wurde meiner Meinung nach eher weniger Wert gelegt.

Nach dem ersten Arbeitstag begann in der Wohnung eine heiße Diskussion über die neuen Eindrücke. Bald war uns die „andere Pädagogik“ nicht mehr so fremd. Und wir begriffen auch, dass wir nicht hier waren um die österreichische Kindergartenpädagogik wieder zu finden, sondern um Neues kennen zu lernen.

Was für uns ungewöhnlich war, schien für die Erzieherinnen und Kinder völlig normal zu sein. Die Ganztageseinrichtung war für die meisten Kinder wie eine Familie. Durch das ständige Zusammensein waren die Kinder nicht auf sich alleine gestellt und es entwickelten sich vielseitige soziale Kontakte. 

Zu unserer Freude stellte sich heraus, dass unsere Englischkenntnisse recht passabel waren. Zwar kam es manchmal vor, dass uns zwei kleine Kinderaugen verdutzt anstarrten, als wir etwas sehr Unverständliches von uns gaben, doch mit der Zeit redeten wir Österreicherinnen sogar Englisch miteinander.

Natürlich lernten wir auch das Dubliner Freizeitleben kennen. Was uns sehr gefiel, war ein eigenes Viertel mit Lokalen und die Stadt erwies sich als wahres Einkaufsparadies. An freien Abenden bummelten wir durch die Stadt und genossen die große Freiheit.

Als wir uns schon im Eilschritt der Einheimischen bewegten und uns schon fast als Dubliner fühlten, stand ganz überraschend die Abreise bevor.
Wir waren traurig über den Abschied aber gleichzeitig rührte sich die Vorfreude über das baldige Wiedersehen mit unseren Familien und Freunden.

Auf dem Rückflug gingen mir tausend Gedanken durch den Kopf. Wir hatten viele neue Eindrücke gesammelt, waren um einige Erfahrungen reicher geworden und ich freute mich schon auf einen Schluck Wasser aus unseren Bergen.

Sarah Bader, Februar 2004

 

In Dublin waren folgende Schülerinnen:

Sarah Bader, Daniela Rebholz, Christine Düringer, Michaela Bartenstein, Verena Schwärzler, Anna-Katharina Büchel, Christina Ellensohn, Corinna Ganahl, Doris Moll, Judith Wund.