Schulalltag in Äthiopien

Es gibt in Äthiopien keine allgemeine Schulpflicht mehr! Dabei sind der Besuch einer Schule und der Erwerb einer Grundbildung in einer solchen Situation, in der sich die Menschen in Äthiopien befinden, zwar nicht Garantie, jedoch fast einzige Chance, den weitverbreiteten Gespenstem der Arbeitslosigkeit und fehlender Zukunftsperspektive zu begegnen.

In manchen Regionen besuchen weniger als 20% der Kinder eine Schule. Besonders dramatisch ist die Situation für Mädchen. In den völlig überfüllten staatlichen Schulen gibt es kaum einen Platz für Mädchen. Sie haben somit keine Möglichkeit, ihre Situation zumindest für die Zukunft zu verbessern. In den Schulen des Vikariats Awasa, denen dieses Projekt helfen soll, wird daher gezielt versucht, auch Mädchen eine Chance auf Bildung und Schule zu geben
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Ein Beispiel: Primary-School in Miqe (1997)

Die Kinder, die das Glück haben, die Primary-School in Miqe, einem Ort in Awasa, besuchen zu können, sammeln sich vor Unterrichtsbeginn auf dem Schulplatz zum Fahnenappell. Die ca. 600 Schülerinnen kommen zum Teil von weither, manche haben einen Schulweg von 1 - 1 1/2 Stunden hinter sich. In dieser Schule gibt es 6 Jahrgangsklassen, in der größten, der zweiten Klasse, sitzen146 Kinder, 96 Buben und 50 Mädchen. Wenn die Schülerinnen ins Klassenzimmer strömen, füllt sich der Raum sehr schnell. Oft teilen sich 6 Kinder eine einzige Schulkbank. Es gibt sehr wenig Unterrichtsmaterialien, ein einziges Heft und ein Stift müssen da oftmals genügen. Für die 8 Lehrpersonen, die die Kinder unterrichten, gibt es nicht nur die Schwierigkeit, dass so viele Kinder in der Klasse sind, oft kommen die Kinder aus ganz unterschiedlichen Stämmen und sprechen völlig verschiedene Sprachen. Es gibt Klassen, in denen Kinder mit 7 unterschiedlichen Sprachen sind. In Miqe wird daher viel gesungen und musiziert: der gemeinsame Rhythmus verbindet. In den höheren Klassen lernen die Schülerinnen Englisch - da geht manches etwas leichter.

Der Unterricht dauert 6 Stunden. Es ist sehr heiß und stickig in der Klasse, die Ausdünstungen so vieler Menschen füllen bald den überfüllten Raum. Da ist es vielleicht sogar gut, dass es beim Schulbau für die Verglasung der Fensteröffnungen nicht mehr gereicht hat? Die Toiletten für alle Schüler und Lehrer befinden sich ein wenig abseits der Klassenräume. Eine kleine Wellblechhütte mit vier Klosettverschlägen. Dass die Fäkalien hier ständig überquellen, zeigt sich nicht nur am intensiven Geruch, sondem auch an der Tatsache, dass es aufgrund dieser Hygienezustände immer wieder zu Infektionen und Erkrankungen kommt.

- Und dennoch: Fast alle Kinder sind stolz darauf, hier zur Schule gehen zu können. Wenn gegen halb zwei der Unterricht endet, stellen sie sich in Reih und Glied auf dem Schulplatz auf, bis die Fahne eingeholt ist und der Schultag offiziell beendet ist. Mit einem Heft oder Buch unter dem Arm machen sich die Kinder auf den Heimweg zu den Hütten ihrer Familien. Viele von ihnen werden wohl am Nachmittag, während sie die Rinder hüten, über das am Vormittag Gelernte nachdenken.

In der Zwischenzeit konnte die Caritas Feldkirch Dank der Unterstützung der Vorarlberger Landesregierung,des ORF sowie zahlreicher Spenden in Miqe ein neues Schulhaus mit besserer, modernerer Einrichtung errichten. Für unzählige Schulen in Äthiopien trifft der hier skizzierte Schulalltag noch immer zu, in sehr vielen Schulen dürfte die Situation noch wesentlich schlimmer sein, als wir sie hier erlebt und recherchiert haben.






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Ein Bild, das eigentlich alles sagt: mehr als 120 SchülerInnen in einem Klassenraum sind durchaus keine Seltenheit!
In den Schulen der Caritas-Partner sollen auch Mädchen eine Chance erhalten.
Platznot in den Klassen: Oft teilen sich bis zu 6 Kinder eine einzige Bank.