DAS
MONTAFON
Das Tal Montafon liegt in der Südostecke
des Bundeslandes Vorarlberg. Die Fläche beträgt 563,26 km2, also
fast ein Viertel der Landesfläche. Der Name leitet sich vom rätoromanischen
„Muntavun“ ab und dürfte somit „Grubenberg“ (vgl.
Bergbau) bedeuten. Die Talschaft Montafon umfasst den Oberlauf der Ill bis
zu ihrem Eintritt in den Walgau und erstreckt sich beinahe in geradliniger
Flucht von SO nach NW.
Die Abgrenzung verläuft von der
Davenna bei Lorüns in der Verwallgruppe über die Eisentalerspitze zu den
Pflunspitzen nach Süden, entlang der Landesgrenze (= europäische
Wasserscheide) bis zur Dreiländerspitze (3 197 m), dem Grenzgipfel zwischen
Tirol, Vorarlberg und Graubünden. Weiter verläuft sie als Staatsgrenze
zwischen Österreich und der Schweiz zum Piz Buin (mit 3 312 m der höchste
Berg Vorarlbergs) über den Hauptkamm der Silvretta gegen NW zum
Silvrettahorn, zur Litznergruppe und weiter zum alten Passweg des
Schlappiner Joches bis zur Madrisa. Von hier biegt die Grenze nach Norden
bis zum Plasseggenpass und verläuft dann am Kamm des Rätikons weiter gegen
NW über die Weißplatte, Sulzfluh, Drei Türme, Drusenfluh und die
Kirchlispitzen zur Schesaplana. Hier wird die Staatsgrenze verlassen, und
das Montafon wird gegen NW durch die Vandanser Steinwand mit der Zimba (2
643 m) wieder nach Lorüns hin abgeschlossen.
Nach seinem geologischen Aufbau wird das
Montafon von der Silvretta, dem Verwall und dem Rätikon gebildet. Nördlich
der Ill liegt die Verwallgruppe. Die Begrasung reicht hier fast bis zu den
höchsten Gipfeln. Die Silvretta erstreckt sich über den Südteil der
Talschaft bis zum Gargellental und ist durch ihre Gletscherwelt und durch
ihre dunklen Felspyramiden gekennzeichnet.
Der Rätikon mit seinen vorwiegend
steilen, hellen Kalkwänden schließt im Westen an. Er ist das Kletterparadies
des Montafons.
Das Klima ist durch die gegen NW
offene Lage ozeanisch beeinflusst. Durch den Föhn, der sehr häufig auftritt,
wird die mittlere Jahrestemperatur stark erhöht. Die Niederschläge liegen im
Tal unter 1 200 mm und steigen in den Hochlagen der Silvretta auf über 2
500 mm an.
Aus der Geschichte des Tales
Schon vor der Besiedlung im 9. und
10. Jh. wurde das Montafon als Alp- und Maisäßgebiet genutzt.
Bronzezeitliche Funde deuten auf eine Nutzung schon in vorgeschichtlicher
Zeit hin. Die ersten Siedler dürften Rätoromanen ohne grundherrliche Bindung
gewesen sein. In einer Urkunde von 1355 werden jedoch bereits mehrere
Gruppen der Bevölkerung erwähnt: die „hofjunger ze Sanct Peteren“, die „frigen“
(Freien), die „Gottshußleüth“, die „Silberer“ und die „Walliser“.
Die Hofjünger waren Hofleute des
Reichshofes St. Peter bei Bludenz. Der Hofbrief des Grafen Albrecht von
Werdenberg d.Ä. gewährte ihnen 1382 weitgehende Freiheiten an Leib und
Besitz. Sie mussten jedoch an die Herrschaft gewisse Abgaben leisten. Die
Silberer werden schon im rätischen Reichsurbar (um 850) erwähnt. Es
müssen dies wohl Bergknappen gewesen sein, die der Bergbau nach
Bartholomäberg und Kristberg gezogen hatte. Das erste Silberbergwerk wird
erst 1319 schriftlich genannt. Die Walser siedelten sich in der
ersten Hälfte des 14. Jh. im Montafon an. Sie mussten zunächst die
ungünstigeren Siedlungsböden bewirtschaften, oft die Schattenseiten oder
höhere Berglagen. Im Montafon lebten zu dieser Zeit auch kleinere Gruppen
von Vogt- und Edelleuten. Die bedeutendsten davon waren die der
Gotteshausleute, die zu St. Gerold gehörten. Auch Sonnenberger
werden in Urkunden öfters erwähnt.
Im 15. Jh. wuchsen die einzelnen
Bevölkerungsgruppen zu einer Einheit zusammen, als nämlich die Walser (1447)
„als freyleüth und Walliser“ auf ihre Sonderrechte verzichteten und danach
als Hofjünger galten. 1479 wurden die Sonnenberger und 1494 die
Gotteshausleute im Montafon den Hofjüngern nach einheitlichem Landsbrauch
gleichgestellt.
Im Jahre 1394 verkaufte Graf Albrecht
von Werdenberg die Grafschaft Bludenz mit dem Montafon an die Habsburger,
die jedoch erst mit seinem Tod an das Haus Habsburg überging. Von nun an
blieb das Schicksal des Montafons (mit kurzer Unterbrechung während der
Bayernherrschaft 1805 - 1814) mit dem der Habsburger und ab 1918 mit dem der
Republik Österreich verbunden.
Das Montafon hatte immer wieder unter den
ständigen Kriegshandlungen der Habsburger zu leiden, entweder durch Stellung
von Soldaten, Truppeneinquartierungen oder große Steuerlasten. Zur Zeit der
Religionskriege kam es mit den Prätigauern mehrfach zu Kriegshandlungen
(1621 - 1625), die Not und Elend durch Viehraub und Brandschatzung
hinterließen. In den Franzosenkriegen waren die Montafoner mit einer
Schützenkompanie unter ihrem Hauptmann Johann Josef Battlogg aktiv
beteiligt. Die Beherbergung der feindlichen französischen Truppen bedeutete
weiteres Elend für das Tal.
Unter den Habsburgern entwickelte sich
eine ständische Verfassung mit frei gewählten Ammännern und Landammännern.
Das Montafon war der 8. Stand unter den 24 Ständen Vorarlbergs. Der Name
Stand ist bis heute erhalten geblieben. Man unterscheidet den
achtgliedrigen Forst-Stand (ohne Lorüns und Stallehr) und den zehngliedrigen
politischen Stand. Der erstere ist Eigentümer des Standeswaldes und für die
Verteilung des Servitutholzes zuständig. Der zehngliedrige Stand ist mehr
oder weniger ein Gemeindeverband.
Die Wirtschaft
Schon im 14. Jh. wurde am Bartholomäberg
mit dem Silberabbau begonnen. Er erreichte unter den Fuggern im 15. Jh.
seinen Höhepunkt. Vom 17. - 20. Jh. war der Hauptwirtschaftszweig die
Landwirtschaft, insbesondere die Viehzucht (Montafoner Rasse). Der Ackerbau
diente nur für den Eigenbedarf. Harte Lebensbedingungen, Missernten,
Katastrophen und hohe Verschuldung führten zu Armut und Not. Es war daher
ein zusätzlicher Erwerb notwendig, der nur außerhalb des Montafons möglich
war. Der Höhepunkt dieser Saisonauswanderung war im 19. Jh. Die Männer zogen
als Maurer, Stukkateure und Verputzer hauptsächlich nach Frankreich und in
die Schweiz, während die Frauen als Ährenleserinnen und die Kinder als
Hütebuben sich im Schwabenland verdingten. In der ersten Hälfte des 20. Jh.
brachten die Vorarlberger lllwerke und später, vor allem nach dem Zweiten
Weltkrieg, der Fremdenverkehr wirtschaftlichen Aufschwung. |