Vorarlberg 1809
Grundsätzlich sind die Kriege gegen die Franzosen, die so genannten
Franzosenkriege und Koalitionskriege, von den Befreiungskriegen und den
Kämpfen im Jahre 1809 auseinander zu halten. Die zeitliche Abfolge der
Kriege nach der Französischen Revolution, die Kriege mit Napoleon bis 1805
und die späteren Befreiungskriege verleiten sehr dazu, diese in eine Reihe
zu bringen.
Unter Franzosenkriegen verstand man alles, was gegen die Franzosen
gerichtet war. Dies ist allerdings nicht richtig. Die Kriege vor 1805 waren
gegen den Erbfeind Frankreich gerichtet, die Erhebung 1809 sowohl in Tirol
als auch in Vorarlberg gegen die Besatzungsmacht und ihre verhassten
Neuerungen.
Die Schriftsteller, welche die Phasen der Kämpfe darstellten, ließen oft
die Franzosenkriege und die Befreiungskriege und Erhebungen von 1809
ineinander fließen. Dazu kam noch, dass einzelne unserer Offiziere aus den
Franzosenkriegen auch bei der Erhebung des Landes Vorarlberg wieder
aufschienen. Waren diese aber damals noch Unteroffiziere und Leutnants,
stiegen sie doch im militärischen Rang bis zum Hauptmann und Major auf.
Wir dürfen nicht nur das Jahr 1809, obwohl es das Jahr der
Volkserhebung in Tirol und Vorarlberg ist, allein herausstellen;
ebenso müssen wir die Jahre vorher und nachher betrachten.
Selbstverständlich ist das Jahr 1809 voll der größten Opfer, weil sich unser
Land schon in staatsvertraglichem Besitz und in der Verwaltung Bayerns
befand. Die Bayern wurden aber bei uns immer als Fremdkörper empfunden.
Der Aufstand gegen die Bayern wurde wirklich von „Aufständischen“
ausgelöst, während die Kämpfe gegen die Franzosen Verteidigung des
Vaterlandes waren. Es wäre falsch, nur mit der Treue zum Kaiserhaus die
große Volkserhebung erklären zu wollen.
Schon vor der Übergabe Vorarlbergs an Bayern gab es im Kreis Vorarlberg
große Umwälzungen. Der Einfachheit halber werden hier die Gebiete und
Herrschaften vor dem Arlberg als Vorarlberg bezeichnet, obwohl das Land erst
anfangs des 18. Jahrhunderts diesen Namen bekam, politisch sogar erst 1861.
Diese Veränderungen zogen sich allerdings über viele Jahrzehnte hin, sodass
sie auf das Volk nicht so aufwühlend wirken konnten wie die plötzliche
Änderung der ganzen Verfassung und Verwaltung unter den Bayern. Wohl war das
Land vor dem Arlberg schon unter den zentralistischen Bestrebungen seiner
Herrscher, besonders unter Kaiserin Maria Theresia und mehr noch unter ihrem
Sohn Kaiser Josef II., um viele seiner früheren Freiheiten gebracht worden.
Nicht so ohne weiteres waren die Vorarlberger mit der Beschneidung ihrer
alten überkommenen Rechte einverstanden. Zumeist haben sie sie als Angriff
auf ihre religiösen Ansichten und Bräuche empfunden.
Unter dem Schlagwort „Josefinismus“ vergisst man nur allzu leicht, dass
schon Kaiserin Maria Theresia die Neuerungen auf religiösem Gebiet begonnen
hat. Sie war persönlich eine fromme katholische Frau. Aus Rücksicht aber auf
den Staat, beeinflusst durch den in Frankreich aufgekommenen Merkantilismus,
suchte auch sie den Weg zum Wohlfahrtsstaat. Ihr Sohn, von 1765 bis 1780
Mitregent und weiterhin bis 1790 als Josef II. deutscher Kaiser, trat in die
Fußstapfen seiner Mutter.
In
fast allen Gemeinden des Landes gab es Zusammenrottungen und Unruhen, die
sich in Dornbirn bis zum Volksaufstand steigerten. Infolge der
Schwierigkeiten, die seitens der Landbevölkerung entstanden, war Josef II.
gezwungen, 1789, also kurz vor seinem Tode, seine kirchenpolizeilichen
Verordnungen größtenteils wieder zurückzunehmen. Der Widerstand und der
Wille des Volkes hatten sich durchgesetzt.
Außer den religiösen Neuerungen (z. B. Säkularisierung von Klöstern,
Einschränkung von kirchlichem Brauchtum) kam noch die Beschränkung der
Freiheiten der einzelnen Landesteile dazu. Es ist ja bekannt, dass die
Vorarlberger Landstände nicht so ohne weiteres allem zustimmten und daher
von den Zentralbehörden nicht besonders geliebt wurden. Josef II. hat mit
den Vorarlberger Landständen die größten Schwierigkeiten gehabt und diese
einmal als die "Unmöglichen" bezeichnet. Das Eigenbewusstsein der
Vorarlberger Landstände gab dem Monarchen sehr viel zu schaffen, wie auch
schon seine Mutter, Kaiserin Maria Theresia, mit Vorarlberg bittere
Erfahrungen machen musste.
Es
soll hier nur ein Hinweis gegeben werden auf die von ihr vom Lande
Vorarlberg verlangte Truppenstellung zum regulären Militär.
Zu
Beginn des Jahres 1771 wurde den österreichischen Vorlanden aufgetragen, 200
Mann zu stellen. Davon traf es auf Vorarlberg 47 3/4 Mann.
Es
war dies die erste Stellung von Rekruten, die in natura geleistet werden
musste. Die Stellung dieser Rekruten für die kaiserliche Armee darf nicht
verwechselt werden mit der Landmiliz, zu der alle Stände Vorarlbergs schon
seit Jahrhunderten beitrugen. Diesmal handelte es sich um Rekruten zum
stehenden Heer. Die vielen Kriege zu den Zeiten Maria Theresias forderten
einen erhöhten Mannschaftsstand, um die Regimenter kriegsbereit zu halten.
Bis jetzt konnten die Stände des Landes ihr Betreffnis mit Geld ablösen. Der
Widerstand gegen diese Stellung kommt beim Vorarlberger aus dem Innersten,
und gerade dort, wo der Freiheitssinn und das Bewusstsein großer Freiheiten
und Rechte tief im Volke wurzelten - im Bregenzerwald - war auch der
Widerstand am stärksten. Es ist dies keine rein zufällige Erscheinung. Bis
zum Äußersten gingen die Wälder in ihrer Abwehr, erst der Militärgewalt
wichen sie, nachdem schon alle anderen Stände nachgegeben und ihre Rekruten
gestellt hatten.
In
der Tat setzte das kleine Land, an erster Stelle der Bregenzerwald, dem
Ansinnen der Rekrutenstellung einen solchen Widerstand entgegen, dass über
zwei Jahre verstrichen, bis der letzte Rekrut seinem Regiment zugeteilt war.
Bei der Aufforderung zur Stellung von Soldaten wurde den Ständen nur eine
Frist von wenigen Wochen eingeräumt.
Die Unruhen, die im Jahre 1807 im Montafon und hauptsächlich in Krumbach
zur Zeit der Aushebung der Rekruten durch Bayern entstanden, trugen mehr
örtlichen Charakter, ja, in Krumbach waren sie ausschließlich Sache der
Weiber, wie schon die Bezeichnung "Der Weiberaufstand in Krumbach“ besagt.
Die Tatsache, dass Kaiserin Maria Theresia ihre Ämterorganisation für
Vorarlberg vom Jahre 1750 über Betreiben der Vorarlberger zu deren Gunsten
ändern musste, der teilweise Erfolg des Widerstandes anlässlich der
Truppenstellung und die Zurücknahme der meisten josefinischen Vorschriften
auf kirchenpolizeilichem Gebiet stärkten das Selbstbewusstsein des Landes.
Diese Erfolge wirkten bis in das Aufstandsjahr 1809 hinein.
Infolge der Französischen Revolution (1789 – 1795) wurde im ersten
Koalitionskrieg von 1792 - 1797 gegen Frankreich, dessen Führung
hauptsächlich bei Österreich lag, auch Vorarlberg in diesen Krieg
hineingezogen. 1796 kamen die Franzosen bis zur Landesgrenze, wo am 8.
August ein größeres Gefecht stattfand. Die österreichischen
Truppen, die in Bregenz standen, zogen sich bis in das Vorarlberger
Hinterland zurück. Im Laufe der Kämpfe, Ende August und September, an denen
die Vorarlberger Milizen unter ihren selbst gewählten Führern den größten
und verdienstvollsten Anteil hatten, wurden die Feinde nach Bregenz
zurückgetrieben.
Durch Entscheidungen in diesem Krieg, die anderwärts in Süddeutschland
fielen, waren die Franzosen gezwungen, unser Land zu verlassen. Die Schützen
und Landesverteidiger besetzten wieder ganz Vorarlberg und erreichten durch
ihren Mut, dass das Vorarlberger Ober- und „Innerland“ vom Feind und von
Erpressungen durch die Franzosen frei blieb. Der Friede zwischen Österreich
und Frankreich zu Campo Formio vom 17. Oktober 1797 brachte unserem Land
wieder Ruhe.
1799 brach der zweite Koalitionskrieg gegen Frankreich aus. Verbündete
waren Russland, Österreich, England, Portugal, Neapel, Türkei, während sich
Preußen abseits hielt. Dieser zweite Koalitionskrieg hat den Vorarlbergern
weit mehr Opfer gekostet als der erste. 1798 drangen die Franzosen in die
Schweiz vor und so wurde es notwendig, dass die Westgrenze unseres Landes
noch mehr befestigt wurde. Hauptsächlich galt die Verstärkung den
Befestigungen der Stadt und dem Raum von Feldkirch. Dass diese Vorsorge
nicht umsonst war, hat sich im Jahre 1799, am Beginn des zweiten
Koalitionskrieges, am deutlichsten gezeigt. Im März 1799 musste Vorarlberg
die größten Blutopfer bringen. Am 7. März erlitten die Franzosen bei Tisis
eine Niederlage. Die entscheidenden Kämpfe aber fanden in der Karwoche am
22. und 23. März 1799 statt. Wenn auch die Militärschriftsteller anlässlich
dieser Kämpfe bei Feldkirch die kaiserlichen Truppen hervorheben, so zeigt
es sich doch, dass gerade unsere Landesverteidiger unter Bernhard Riedmiller
und Siegmund Nachbaur und unter den Hauptleuten anderer oberländischer
Schützenkompanien das meiste dazu beitrugen, den Angriff des weit in der
Übermacht stehenden französischen Generals Massena abzuwehren. Erzherzog
Karl hat auch am 20. Mai 1799 die „besondere Tapferkeit der Landesschützen
sowie die treue Mitwirkung der Einwohner von Vorarlberg und dem Montafon“ in
den stärksten Ausdrücken gerühmt. Dies geht aus einem Schreiben an die
Landstände in Vorarlberg hervor. Zudem hat er die Verteidigung Feldkirchs in
einem Tagesbefehl an alle seine Truppen verlautbaren lassen und diese
Verteidigung als Beispiel erhebendster Tapferkeit hingestellt.
Obwohl durch die Rettung Feldkirchs gegen die Franzosen ein glänzender Sieg
erfochten wurde und auch die französische Hauptarmee von Erzherzog Karl am
21. März bei Ostrach und am 25. März 1799 bei Stockach im Bodenseegebiet
besiegt worden war, konnte wegen der französischen Erfolge, die außerhalb
des Landes lagen, dieser Sieg nicht ganz ausgenützt werden.
Die Kämpfe von 1800 in Feldkirch, Brederis, Tisis, Hittisau und ebenso die
Unternehmungen der österreichischen Flotte auf dem Bodensee von 1799 - 1800
konnten für unser Land weder Frieden noch Ruhe bringen. Vom Juli 1800 bis
Ende des Jahres hielten die Franzosen das Land Vorarlberg besetzt. Das Volk
und das Land waren schon durch die vorhergehenden Kämpfe ausgelaugt. Jetzt
kamen noch die schweren Kontributionen
(Zwangseinhebung von Geldbeträgen im feindlichen Gebiet) dazu, welche
die Franzosen verlangten. Erst mit dem Friedensschluss von Luneville zog
auch der Friede in Vorarlberg ein. Da man aber Napoleon nicht traute, wurden
die Vorbereitungen für einen neuen Krieg getroffen, der dann tatsächlich als
dritter Koalitionskrieg im Jahr 1805 ausbrach und von den Gegnern
Frankreichs wieder verloren wurde.
Die größte politische Änderung für Vorarlberg
brachte der Friede zu Pressburg vom 25./26. Dezember 1805, als Tirol und
Vorarlberg an Bayern abgetreten wurden. Mehr noch als alle vorangegangenen
wogen die unter dem starren Zentralismus des bayerischen Ministerpräsidenten
Graf Montgelas durchgeführten Änderungen. Er zog sein Programm kompromisslos
durch: Aufhebung der Stiftungen und ihre Zusammenfassung in eine
Stiftungsorganisation, Rekrutierung von Soldaten, große Erhöhung der
Steuern, starke Beschneidung der Selbstverwaltung der Gemeinden und vor
allem die Aufhebung der landständischen Verfassung.
All
diese Maßnahmen, die von fremden Beamten in das durch die Franzosenkriege
geschwächte und arme Land getragen wurden, machten Vorarlberg schon nach
drei Jahren zum Aufstand reif.
Mit der Übernahme des Landes durch Bayern, das von Napoleons Gnaden
Königtum wurde, wäre an sich noch kein Grund für eine Volkserhebung
vorhanden gewesen. Die Tiroler, gefühlsbetonter als die doch nüchternen
Alemannen, setzten Religion und Vaterland allem voran, wie aus einem
Laufzettel Andreas Hofers hervorgeht, als er seine Bauern aufs Neue zum
Befreiungskrieg aufrief.
Die Tiroler haben auch den Anschluss an Bayern
schwerer empfunden als wir. Bei uns in Vorarlberg waren es mehr die alten
Rechte und Freiheiten, um die es sich zu kämpfen lohnte.
Durch steile Berge ist das Land von Tirol und dem übrigen Österreich
abgeschieden, während es gegen Norden offen und nach Westen hin nur durch
den Rhein von der Schweiz getrennt ist. Der Übergang nach Liechtenstein war
außer bei Feldkirch nur wenig behütet. Auch die Bayern haben diese Tatsache
bei der Neueinteilung der Verwaltung zugesprochener Gebiete zugrunde gelegt
und Vorarlberg gleich in den ersten Jahren wieder von Tirol abgeschieden und
dem Illerkreis zugeteilt.
Ein großer Fehler, den die bayerische Herrschaft bei uns machte, war der,
dass sie mit jeglicher Tradition brach, keine Rücksicht auf althergebrachte
Überlieferungen, Rechte und Bräuche nahm und zudem noch bestechliche Beamte
in das neu erworbene Land schickte. Erst viel später hat Bayern diesen
Fehler eingesehen, den es aber mit der Entfernung und Bestrafung der
verantwortlichen Beamten wieder gutmachen konnte.
Die eigentlich Hauptverantwortlichen, Landeskommissär Merz, der die
Neuorganisierung des Landes leitete, und Graf von Reisach,
Generallandeskommissär vom Illerkreis, wurden erst durch den
Generallandeskommissär Dr. Schneider vor dem Spezialgericht in Lindau
teilweise überführt. Vergangenes Unrecht konnte aber nicht mehr ungeschehen
gemacht werden.
An
sich hatte das aufstrebende Bayern eine gut durchdachte Staatsordnung, die
sich allerdings nicht einfach auf andere Gebiete übertragen ließ. Mit allen
diesen plötzlichen Neuerungen, die von den Bayern herkamen, konnte sich
unser Land nicht so schnell anfreunden. Mit der grundsätzlichen Ablehnung
alles Bayerischen wurde auch das Gute, das uns die Bayern brachten,
übersehen. Es sei hier an den Kataster, d.h. die Besitzaufnahme aller
Grundstücke des ganzen Landes erinnert. In Tirol hatte schon Kaiserin Maria
Theresia diesen Kataster anfertigen lassen, darum heißt er dort
Maria-Theresianischer Kataster, bei uns Bayerischer Kataster. Ein großer
Vorteil war auch, dass bei uns die Bayern eine allgemeine zwangsmäßige
Feuerversicherung auf Grund des Objektwertes einführten.
Dass der bayerische Zentralismus, der besonders unter dem Grafen Montgelas
als Ministerpräsidenten gepflegt wurde, für den Staat viel Wertvolles
brachte, zeigte sich erst nach der Rückkehr Vorarlbergs zu Österreich. Viele
Einrichtungen, welche die Bayern geschaffen hatten, wurden gerne
beibehalten, und Kaiser Franz I. war dankbar dafür. Auch in der
Nachbarschaft Lindau wurde vermerkt, „die Reichsstadtbürger mussten
Strammheit, Unparteilichkeit und Energie doch zum guten Teil von den
bayerischen Beamten lernen“.
Hatten früher die Stände, also das Land, viele Tausende von Gulden an
Geschenken oder besser an erzwungenen Lösegeldern an französische Offiziere
bezahlen müssen, so mussten sie jetzt an die bayerischen Beamten erhebliche
Schmiergelder abführen.
Städte und Märkte des Landes stritten sich darum, den Sitz eines Gerichts
zu bekommen. Anlässlich der Aufhebung der bis dahin bestandenen 24 Gerichte,
die ihre Abgeordneten zu den Landständen entsandten, und der Errichtung der
sieben Landgerichte in Vorarlberg am 16. November 1806 (das Landgericht
Weiler im Allgäu war noch dabei) hatten sich verschiedene Städte und Märkte
des Landes „unwürdig“ benommen und sich in der Höhe der Bestechungsgelder
gegenseitig überboten.
Zudem gab auch der Landeschef Freiherr von Gravenreuth kein gutes Beispiel.
Anlässlich des Krumbacher Weiberaufstandes gegen die Truppenaushebungen im
Jahre 1807 zog er, nachdem die ganze Sache schon vorbei war, mit
Militärmacht nach dem unbewehrten und ungefährlichen Krumbach und ließ sich
persönlich 20 Kühe und einen Stier schenken. Heute noch erinnert an der
Klause bei Bregenz die Villa Gravenreuth an ihn. Auch dem einfachen Landmann
entgingen diese „Durchstechereien“ nicht.
Vorarlberg hatte im Jahre 1800 etwa 100.000 Einwohner. Damals konnte das
Land diese Bevölkerung nicht ernähren. Auch die sich erst entwickelnde
Industrie (durchwegs von Ausländern gegründet) konnte die wirtschaftliche
Situation nicht verbessern. Immer noch war das Land auf die saisonale
Auswanderung sowohl der Erwachsenen (sogar Frauen) als auch der Kinder (so
genannte Schwabenkinder) angewiesen. Da diese Auswanderung meist in das
nördliche Bodenseegebiet (und in geringem Ausmaß auch in die Schweiz und das
Elsaß) ging, brachten die zeitlichen Auswanderer andere Sitten und Bräuche
mit, die wohl eher beruhigend gegen die Länder Württemberg und Bayern wirken
mussten.
Es
ist aber doch bemerkenswert, dass nicht die Städte, sondern in erster Linie
das Landvolk aufstand. Freilich lag die Führung der Landstände immer in den
Händen der Städte Feldkirch, Bregenz und Bludenz. Diese hatten auch die
berufensten und gebildetsten Köpfe, soweit es sich um rechtliche
Auseinandersetzungen handelte. Galt es aber mit Waffengewalt oder im Kampf
das Land zu verteidigen, stellten in der Mehrzahl die Landgemeinden die
bedeutendsten Führer des Aufstandes.
Anfangs des Jahres 1809 war es soweit, dass unser Land die Bayern, die
immer mehr als Joch empfunden wurden, abschütteln wollte.
Nach dem
Sieg Napoleons über Russland und Preußen und nach dessen Einfall in Spanien
erhob sich 1808 das spanische Volk. Bei uns in Österreich versuchte
Erzherzog Karl, das Heer zu reformieren und neu aufzurüsten, um in späteren
Kämpfen gegen Napoleon, die zu erwarten waren, gerüstet zu sein.
In
Wien wie auch in den Ländern gab es eine Partei, die den Krieg wollte, und
eine andere, die möglichst auf den Frieden bedacht war. Schließlich trug die
Kriegspartei den Sieg davon.
Gegen den Willen Erzherzog Karls kam es am 9. April 1809 zum Kampfe gegen
Bayern und Frankreich. Damit war das Signal des schon lange, wenn auch nicht
besonders gut vorbereiteten Aufstandes, gegeben.
Zuerst fiel das österreichische Heer unter General von Chasteler in Tirol
ein und die Tiroler erhoben ihre Waffen. Vorarlberg verhielt sich anfangs
ruhig. Auch hier gab es eine Kriegs- und Friedenspartei. Vor allem die
Städte, aber auch die Besitzenden taten nur zögernd mit, als am 24. April
Hauptmann Camihel mit über 100 Mann in Bludenz einrückte und sich am 25.
April mit den freiwilligen Schützenkompanien aus dem Oberland – die
Klostertaler unter Hauptmann Burtscher, die Bludenzer unter Hauptmann
Riedmiller - vereinigte. Es folgten die Montafoner, verstärkt durch Tiroler
Schützen. Diese Aufständischen aber setzten sich bis dahin nur aus
freiwilligen Verbänden zusammen.
Es
gab viererlei Arten von Truppen:
1)
das reguläre Militär
2)
die freiwilligen Schützenkompanien
3)
die Landmiliz („Ausschüsse“, ausgewählt nach einem bestimmten Schlüssel, auf
die 24 Gerichte und Landstände aufgeteilt)
4)
den Landsturm, der alle Wehrfähigen vom 16. bis zum 60. Lebensjahr umfasste.
Die
drei Ausschüsse, zu je 2000 Mann aufgeteilt, 1., 2. und 3. Ausschuss,
konnten nur von den Landständen einberufen werden.
Am
9. Mai 1809 entschlossen sich die Vorarlberger Landstände zum Kampf. Vorerst
wurden nur zwei Aufgebote zu je 1500 Mann aufgerufen, da zu dieser Zeit nur
wenige bayerische Truppen im Land stationiert waren.
Da
auch die Grenze gegen Württemberg geschwächt war, und da die Bayern eine
große Menge von Ausrüstungsgegenständen und Munition von Lindau über
Konstanz nach Ulm bringen wollten, nützten die Vorarlberger Hauptleute
Riedmiller, Ellensohn und Walser die Gelegenheit, fuhren über den See,
eroberten den größten Teil des Frachtgutes und brachten diesen nach Bregenz.
Ebenso wurde die Schwäche der Verteidigung Württembergs ausgenützt und am
16. und 17. Mai eine Beutefahrt nach Friedrichshafen unternommen, die für
die Vorarlberger guten Erfolg brachte.
Der in Weiler im Allgäu geborene Bregenzer Advokat Dr. Anton Schneider
übernahm die Stelle eines Landeskommissärs. Diese wurde ihm zwar nicht von
den gesamten Landständen, sondern von der unterständischen Schutzdeputation
angeboten. Erst später wurde er dann auch noch von der oberständischen
Schutzdeputation anerkannt. Lange konnte er sich allerdings dieses Amtes
nicht erfreuen. Auf Grund der Erhebung in Tirol und Vorarlberg sammelten
sich die württembergischen, bayerischen und französischen Truppen und trafen
Vorbereitungen, die beiden Länder wieder zu erobern. Die Verteidiger des
Tiroler Unterinntals wurden durch einen Sieg über den unfähigen
österreichischen General Chasteler bei Wörgl geschlagen.
Mit Morden und Brennen zogen die Franzosen durch das Unterinntal gegen
Innsbruck. Nach Bekanntwerden der österreichischen Niederlage in Tirol
begann Dr. Schneider die auf Gebieten außer Landes stehenden
Schützenkompanien zurückzuberufen. Im Lande selbst wollte die Friedenspartei
die vollständige Unterwerfung beim Feinde erbitten und um Verzeihung für die
Aufständischen ansuchen. Der Kommandant der österreichischen Truppen in
Vorarlberg, Hauptmann Camihel, verließ fluchtartig das Land, während sich
die noch im Lande befindlichen österreichischen Infanteristen und Reiter
über Wangen nach Norden durchzuschlagen versuchten. Die aufständischen
Bauern, voran wieder die Oberländer, waren wütend, dass sie von den
Österreichern im Stich gelassen wurden. Sie waren wütend über die Haltung
der Städte, vor allem über die abwehrende Haltung der Bregenzer Bürger.
Selbst Dr. Anton Schneider hielt sich in Reserve und hütete sich, die
zornigen Bauern zu beschwichtigen. Nachdem der württembergische General
Scheler Lindau erobert hatte, und der ihm zugeteilte französische Oberst
Grouvel am 25. Mai Hörbranz, Bregenz, Lauterach und Dornbirn in Besitz
genommen hatte, suchte er weiter ins Oberland vorzudringen. Bei Rankweil
aber hatten sich die Oberländer Schützen unter Führung von Bernhard
Riedmiller, Siegmund Nachbaur und Johann Ellensohn gesammelt, rückten weiter
gegen das Unterland herunter um den Franzosen den weiteren Vormarsch ins
Oberland zu versperren.
Alle Anstrengungen, angesichts der schlechten militärischen Lage des Landes
die noch beieinander stehenden Oberländer Landstürmer zur Ablieferung der
Waffen und zur Heimkehr auf ihre Bauernhöfe zu bewegen, waren vergebens. Am
28. Mai erhielt der französische General Verstärkung, sodass er jetzt über
1.000 Mann hatte. Am 29. Mai traten die feindlichen Truppen zum Angriff an.
Während in Tirol der Intendant Hormayr den
Aufstand neu entflammte, übertrug er in Vorarlberg den Oberbefehl den vier
Hauptleuten Müller aus Bludenz, Nachbaur aus Brederis, Ellensohn aus Götzis
und Riedmiller aus Bludenz. Hormayr suchte auch die ober- und
unterständische Schutzdeputation, die ihre Tätigkeit beim Anrücken des
Feindes eingestellt hatte, wieder aktiv werden zu lassen.
Als aber Gerüchte über eine neuerliche Verstärkung in der Höhe von einigen
tausend Mann durch das Land gingen, suchten die Bürger die noch unter den
Waffen stehenden Schützen zur Abgabe ihrer Waffen zu bewegen. Die Bauern
aber gehorchten nicht, im Gegenteil, sie machten Vorstöße bis nach Dornbirn,
ja sogar in Streifen bis Fluh ob Bregenz. Fieberhaft wurden die letzten
Stunden genützt, um die Ausrüstung zu vervollständigen, neue Waffen und
Munition zu bekommen.
Es
war dies höchste Zeit, denn am 28. Mai erhielt Oberst Grouvel 450 Mann
Verstärkung und begann am 29. Mai seinen Vormarsch über Schwarzach und
Haselstauden am linken Flügel und über Hard und Lustenau am rechten Flügel
nach Dornbirn. Die krieggewohnten bäuerlichen Offiziere verteilten ihre
Truppen in ein Zentrum unter Müller, unter Nachbaur und Ellensohn gegenüber
dem linken Flügel und Riedmiller gegenüber dem rechten Flügel der Franzosen.
Die Natur der Landschaft, die Moore links und rechts der Straße nach
Dornbirn, die ein Ausweichen der feindlichen Kavallerie fast unmöglich
machten, und die genaue Ortskenntnis der Bauern wirkte sich zu deren Gunsten
aus. Das erste größere Gefecht fand im Weiler Klien bei Hohenems statt, den
der französische Oberst unbedingt erobern wollte, um auf seinem linken
Flügel geschützt zu sein. Ohne Flankendeckung konnte er sich weder im
Zentrum noch auf dem rechten Flügel weiter vorwagen.
Zudem kämpften die Vorarlberger Bauern mit großer Begeisterung und
Tapferkeit, sodass die Franzosen und Württemberger (die Bayern griffen kaum
in den Kampf ein) zum Rückzug gezwungen wurden.
Das
österreichische Kontingent stand tatenlos in Rankweil und marschierte erst
gegen Mittag, als Dornbirn schon rückerobert und der Feind bis Lauterach
zurückgetrieben war, den kämpfenden Bauern nach. Der rechte Flügel der
Bauern unter Nachbaur und Ellensohn drang nach dem Sieg bei Klien am Zentrum
vorbei ungestüm bis Wolfurt voraus. Das Zentrum unter Müller, nun verstärkt
durch eine österreichische Kompanie, drückte den Feind weiter zurück, und
der Rückmarsch der Franzosen, Württemberger und Bayern wurde immer schneller
und ordnungsloser. Weil der rechte Flügel schon weit vorausgeeilt war,
konnte die vom Feind geplante Verteidigungslinie am Siechensteig bei Bregenz
nicht mehr zur Wirkung kommen, obwohl dort drei neue feindliche Kompanien
mit zwei Kanonen aufgestellt waren. Um nicht in die drohende Gefangenschaft
zu geraten, mussten sie sich endgültig geschlagen geben und Bregenz
fluchtartig verlassen.
Dieser für den Feind so verlustreiche Tag hatte aber auch noch sein
Nachspiel bei der feindlichen Führung. König Friedrich von Württemberg war
erbost, dass die Bayern und Franzosen die Württemberger so unglücklich
geführt hatten. Der König gab an den württembergischen General den Befehl,
seine Truppen bis zur württembergischen Grenze zurückzuziehen und sich um
bayerisches Gebiet nicht mehr zu kümmern. Es kam zu arger Verstimmung
zwischen Bayern und Württemberg.
Am
gleichen 29. Mai besiegte Andreas Hofer am Berg Isel die Franzosen und
vertrieb sie aus Innsbruck. Die Siegesnachrichten aus Tirol bereiteten im
Lande große Freude und stärkten die Macht der Kriegspartei. Aber jetzt galt
es, nicht nur gerüstet zu bleiben, sondern auch auf dem Gebiet der zivilen
Landesverwaltung Vorsorge zu treffen. Nach der Befreiung des Landes übernahm
Dr. Anton Schneider am 3. Juni auf Bitten des unterständischen Ausschusses
wieder die Zivilverwaltung des Landes, welche er um den 20. Mai als
Landeskommissär schon innehatte. Am 5. Juni fand in Bregenz ein allgemeiner
Landtag statt. Infolge der gegenseitigen Reibereien konnte man sich über das
militärische Oberkommando nicht einigen.
Der Bludenzer Hauptmann Müller war der größte Rivale Dr. Schneiders. Um
Klarheit über die Kompetenzen zu schaffen, reiste Dr. Schneider zum
Intendanten Baron Hormayr nach Innsbruck. Dr. Schneider war mit Hormayr gut
befreundet, und so wurde er zum Generallandeskommissär ernannt. Um auch im
Verteidigungswesen eine Einheit zu erhalten, bekam er auch das Oberkommando
über die Verteidigungskräfte des Landes.
Er
selbst, der aktiv an diesen Kämpfen zwar nicht teilgenommen hatte, setzte
jetzt seine ganze Energie und Klugheit ein, um geordnete Zustände
herbeizuführen und Exzesse der siegesstolzen Bauern zu verhindern, die alle
offenen und heimlichen Bayernanhänger, vor allem natürlich die Beamten,
bestraft wissen wollten.
Nach der Befreiung des Landes am 29. Mai war wohl einige Zeit Ruhe
eingetreten. Trotzdem wurden nicht alle eingezogenen Mannschaften nach Hause
entlassen. Im Gegenteil, man berief über 6000 Mann zusätzlich ein, um das
Land in einen besseren Verteidigungszustand zu setzen, denn an der
Landesgrenze zogen sich immer mehr Franzosen und Württemberger zusammen. Es
wurden Verschanzungen gebaut, Waffen herbeigeschafft und Kanonen beim
Glockengießer Graßmayr in Feldkirch gegossen.
Der erste Zusammenstoß geschah am 13. Juni an der Leiblach. Schneider hatte
noch immer den Oberbefehl. Die Vorarlberger Kompanien, die weit in der
Minderheit waren und keine Aussicht auf Erfolg hatten, wichen unter schwerem
Kampf langsam zurück, bis dann Nachbaur, Riedmiller und Ellensohn mit ihren
Kompanien kamen und die Feinde, die bei Hörbranz schon über die Grenze
gekommen waren, wieder über diese zurücktrieben.
Nach einigen Tagen Ruhe führten etwa 60 Schützen und 40 Soldaten einen
Handstreich mit Schiffen gegen Konstanz aus und eroberten die Stadt. Da sie
sich dort nicht hätten halten können, zogen sie sich mit erbeutetem
Kriegsmaterial und einigen Gefangenen rasch wieder nach Bregenz zurück.
Übrigens wäre die Lage des Landes erst gesichert gewesen, wenn auch das
Allgäu zu Vorarlberg gehört hätte und eine Verbindung über das bayerische
Illertal mit den Tirolern hätte geschaffen werden können.
In
klarer Einsicht dieser Vorbedingung hatte Dr. Schneider mit Nachbaur und dem
Allgäuer Major Rödler einen Aufruf unterzeichnet und die Bevölkerung des
Bistums Augsburg um Unterstützung des Aufstandes gebeten. In diesem Aufruf
wurde auf die Erfolge in Tirol und Vorarlberg hingewiesen und die Bewohner
der Landgerichte Füssen, Sonthofen und Oberstdorf wurden zur Mithilfe, nicht
nur zu einer wohlwollenden Neutralität, an der Befreiung des Landes
aufgefordert. "Die natürlichen und politischen Verhältnisse", rufen die
Führer Vorarlbergs den Nachbarn zu, "verbinden uns in diesem Augenblicke so
nahe, dass wir uns wechselseitig die Hände bieten und unsere Kräfte
vereinigen müssen. Euere Lage ist die unsrige, euer Glück das unsrige. Wir
fordern euch auf, die Waffen zu ergreifen und euch an uns anzuschließen.“
Der Erfolg war aber nicht wie erwartet. Die
Gemeindevorsteher jener Gebiete wollten nur Freiwillige werben lassen, aber
nichts für die Freiwilligen bezahlen.
Da
nach dem missglückten Einfall der Franzosen in Vorarlberg am 29. Mai der
württembergische König von Napoleon direkt eine Verstärkung der
französischen Truppen an der Nordgrenze unseres Landes verlangte, mussten
auch die Vorarlberger ihre Truppen weiter verstärken. Sie waren daher
gezwungen, auch den Landsturm einzuberufen. Die Zahl der Landesverteidiger
stieg so auf etwa 10.000 Mann. Diese Truppen waren aber nicht ausreichend
bewaffnet, nicht einmal jene Truppen, die außer Landes geschickt wurden und
die allgäuschen Vorposten hätten schützen sollen.
Am
17. Mai 1809 bat Hauptmann Häusle unter anderem den Stadtmagistrat Feldkirch
um Stutzen, Patronen und Feuersteine. Der Stadtmagistrat erließ dann auch am
20. Mai eine Aufforderung an die „Bürger zu Feldkirche“, zur Bewaffnung des
3. und 4. Ausschusses die entbehrlichen Feuerwaffen abzugeben.
Ein ganz kleines Bild bekommen wir auch über das Verhalten der Soldaten,
wenn der genannte Hauptmann der Feldkircher Kompanie an das Stadtmagistrat
schreibt: „Übrigens steht es jetzt bei meiner Kompanie besser, seitdem ich
einige auf den Bank legen ließ" .... „Hier stehen wir auf Vorposten und
haben 1.400 Mann Württemberger zu beobachten. Es wird wohl bald zu
Tätigkeiten kommen, welches die ganze Kompanie wünscht.“ Diese kurzen Zeilen
zeigen uns den Kampfeswillen der Vorarlberger. Zugleich muss aber auch
Häusle die Unmöglichkeit einsehen, sich mit Erfolg dem übermächtigen Feind
stellen zu können. Unter anderem schreibt er in diesem Brief weiter: „Soeben
kommt ein hiesiger Student eilends von Kempten und bringt die Nachricht,
dass gestern 1.500 Mann Kavallerie und drei Kompanien Infanterie eingerückt
seien. Dies wäre gegen unsere Reiterei ein wenig zu viel."
Den letzen größeren Ausfall und das letzte größere Gefecht, das im Zuge des
Aufstandes 1809 stattfand, wurde unter Hauptmann Juritsch und
unter Befehl des Generalkommissärs am 17. Juli im Angriff gegen Kempten
ausgefochten. Es brachte dies für Vorarlberg ungeahnte und schwerwiegende
Folgen. Der rechte Flügel der Vorarlberger war zu schwach, musste
zurückweichen, und daher war auch die Lage des Zentrums, das unter dem
0berbefehl Dr. Schneiders stand, besiegelt. Die Vorarlberger verloren über
30 Mann. Das Vorarlberger Grab in einem Wald bei Kempten zeugt noch von
diesen Kämpfen.
Auch bei Wangen hatten die Majore Nachbaur, Riedmiller und Ellensohn
mit etwa 2.000 Mann den Kampf begonnen. Durch Truppenverstärkungen, die der
feindliche General Scheler erhielt, gelang es diesem, die Vorarlberger
zurückzutreiben und bis an die Leiblach zu verfolgen.
So
gingen der ganze Aufmarsch und der sicher erwartete Erfolg in die Brüche.
Unsere Streitkräfte hatten an zu vielen Stellen auf einmal angegriffen, und
da sie schon von Anfang an in der Minderheit waren, keinen Erfolg.
Dies war die letzte große Kampfhandlung der Vorarlberger Landesverteidiger,
die zum größten Teil außerhalb der Landesgrenzen eingesetzt waren. Die
Feinde nützten die Situation und zogen ihren Ring um Vorarlberg nun noch
enger.
Als dann Ende Juli 1809 gegenüber der Siegesbotschaft von Aspern die
Niederlage von Wagram gemeldet und der Waffenstillstand bei Znaim vom 12.
Juli bekannt wurde, war es mit dem Widerstand der Vorarlberger
Freiheitskämpfer vorbei. Es hatte keinen Sinn mehr, noch länger unter den
Waffen zu verbleiben. Am 6. August rückten die württembergischen Truppen in
Bregenz ein und am 7. kamen die Franzosen vom Arlberg her in das Land. Um
dem Tode zu entgehen, begab sich Doktor Schneider in württembergische
Gefangenschaft, in der er ein Jahr blieb.
Im
Frieden von Schönbrunn vom 14. Oktober 1809 musste Kaiser Franz die Länder
Tirol und Vorarlberg ein zweites Mal an die Bayern abtreten. Müller,
Riedmiller, Hormayr u. a. versuchten ein drittes Mal, das Land zum
Weiterkämpfen zu bewegen, wie Tirol dies tat. Aber die Vorarlberger
Bevölkerung machte nicht mehr mit. Mannschaften und Offiziere kehrten in
ihre Heimat zurück.
Der wohl charaktervollste und fähigste Schützenmajor Vorarlbergs, Josef
Siegmund Nachbaur , war im August 1809 nach Tirol geflohen und kehrte nach
dem Friedensschluss wieder in das Land zurück. Da man eine neue
Volkserhebung fürchtete, wurde er im April 1813 verhaftet und nach Bayern
abgeführt. In Ingolstadt starb er als letztes Opfer der Freiheitskämpfe.
Riedmiller
und Müller verließen das Land und starben in Innerösterreich.
Die
Opfer aber, die von den Vorarlbergern gebracht wurden, fanden nicht den
erwarteten Dank seitens des Kaisers. Die von den Bayern geschaffenen
Verhältnisse blieben im Großen und Ganzen aufrecht. Die Stände wurden nur
zum Schein wieder geschaffen, aber nie einberufen und verloren jegliche
Bedeutung. Erst die Revolutionen und Bestrebungen im 19. Jahrhundert konnten
im Nachhinein manche Wünsche des Landes erfüllen. |