Geschichtliche Einordnung
Das Hochmittelalter ist die Zeit der Romanik (ca. 950 bis 1250). Während
dieser Epoche gehörte das Territorium des heutigen Vorarlberg, wenn auch nur
sehr lose, zum Herzogtum Schwaben, einem jener fünf Stammesherzogtümer, die
zunächst den Verband des Deutschen Reiches bildeten.
919 - 1024 Ottonen
1024 - 1125 Salier Könige und Kaiser des
Deutschen Reiches
1138 - 1254 Staufer
Diese Einteilung nach Herrscherhäusern entspricht auch etwa der Gliederung
der Romanik in Frühromanik, Hochromanik und Spätromanik.
Grafen verwalteten anfänglich im Auftrag des Herzogs, des Königs oder des
Kaisers die Ländereien. Bei uns waren es die Udalrichinger (Ulriche).
926 wurden sie erstmals urkundlich Grafen von Bregenz genannt. Sie
residierten in der Bregenzer Oberstadt, später im Schloss Hohenbregenz auf
dem heutigen Gebhardsberg. Ab etwa 1000 n.Chr. wurden sie erbliche
Landesherren.
Während des Hochmittelalters entwickelte sich der Stand der Ritter.
Als Lehensträger standen die Ritter (Vasallen und Ministerialen) im Dienste
des Landesherrn oder auch direkt im Dienst des Kaisers. Sie hausten auf
Ansitzen und Burgen, die auf geschützten Höhen erbaut oder aus alten
Fluchtburgen errichtet wurden. An Burgen aus dieser Zeit sind zu nennen:
Alt-Montfort, Schattenburg, Jagdberg, Neuburg, Alt-Ems, Sonnenberg u.a.
Um 1100 wurde das Kloster Mehrerau gegründet, und zwar auf Betreiben
der Grafen von Bregenz, um damit ein Gegengewicht zum Kloster St. Gallen zu
schaffen, das auf Grund seiner Besitzungen im Bodensee-Rheintal (= Rheintal
zwischen Sargans und Bodensee) starken politischen Einfluss auf die Region
ausübte.
Um diese Zeit erfolgten vom alemannischen Raum her auch die Erschließung und
Besiedlung des Bregenzerwaldes. Diese Entwicklung war bis etwa zum Ende des
Mittelalters abgeschlossen. Auch das Montafon und das Klostertal wurden zu
dieser Zeit besiedelt, und zwar vorwiegend noch von Rätoromanen. Die
Alemannisierung des südlichen Teiles des Bodensee-Rheintales machte weitere
Fortschritte.
Die Grafen von Bregenz bauten die Bregenzer Oberstadt zur
mittelalterlichen Stadt aus. Ab etwa 1200 regierten die Grafen von
Montfort. Sie residierten auf der Schattenburg, an deren Fuß sie die
Stadt Feldkirch gründeten (1218 erste Erwähnung der Stadt Feldkirch).
Sowohl bei den Bregenzer Grafen als auch bei den Montfortern kam es zu
mehreren Erbteilungen. Diese führten zu vielen Fehden und Streitigkeiten und
schwächten die wirtschaftliche Kraft der Region. Nach der 1258 erfolgten
Teilung der Grafschaft Montfort auf Montforter und Werdenberger kam es zur
Gründung der Stadt Bludenz. Sie wurde Mittelpunkt der
werdenbergischen Besitzungen im Walgau, des Montafons und des Klostertales.
Kirchlich gehörten das Unterland (bis südlich von Hohenems) sowie der
Bregenzerwald zum Bistum Konstanz, das Gebiet südlich davon zum
Bistum Chur.
Die Hausmacht der Staufer bildete das Herzogtum Schwaben. Dieser Umstand
erlangte für unseren Raum besondere Bedeutung, da die Stauferkaiser ab Ende
des 12. Jh.s von Sizilien aus regierten. Eine Burgenkette (Fußach, Rheineck,
Alt-Ems, Neuburg, Schellenberg u.a.) sicherte den Verbindungsweg über die
Alpen. Die Burgherren waren direkt dem Kaiser unterstellte Reichsritter,
meist Ministerialen aus dem süddeutschen Raum. Diese kaiserlichen
Burgherrschaften durchlöcherten das Verwaltungsgebiet der Grafschaft.
Gegen Ende des 13. Jh.s wehrten sich die Grafen von Montfort heftig gegen
die aufstrebende Herrschaft König Rudolfs von Habsburg, der inzwischen im
Reich an die Macht gekommen war. Dabei verschärfte sich die Gegnerschaft
zwischen Montfortern und Werdenbergern. Letztere stellten sich auf die Seite
des Habsburgers. 1298 erlitt in der Schlacht von Göllheim (westlich von
Worms) der deutsche Gegenkönig Adolf von Nassau, an dessen Seite die
Montforter kämpften, eine folgenschwere Niederlage gegen den Habsburger
Albrecht. Damit bahnte sich das Ende der selbstständigen Politik der
Montforter an.
Diese politische Orientierung nach NW erklärt, dass die besten und
nächstgelegenen Vergleichsstücke zu Kunstwerken in Vorarlberg gerade im
südwestdeutschen Kulturbereich zu finden sind.
ROMANIK IN VORARLBERG
Romanische Architektur
Von den im Früh- und Hochmittelalter entstandenen Baulichkeiten sind nur
wenige Reste erhalten. Die meisten Kirchengebäude aus dieser Zeit
wurden in den folgenden Jahrhunderten abgerissen und durch neue ersetzt oder
durch Um- und Erweiterungsbauten stark verändert. In den 60er Jahren wurden
im Zuge von Grabungen in einigen Kirchen der romanische Unterbau bzw. der
Grundriss freigelegt und archivalisch aufgenommen: Kirchen von St. Viner in
Nüziders, St. Nikolaus in Bludesch-Zitz, St. Peter in Rankweil und die
Johanniterkirche in Feldkirch. In der Mehrerau und in St. Gerold wurden die
freigelegten Grundmauern konserviert und zugänglich gemacht.
Etwa zehn der über vierzig Burgen des Landes entstanden in dieser
Zeit, darunter Hohenbregenz (Gebhardsberg), Alt-Montfort, die Burganlage auf
dem Liebfrauenberg in Rankweil, die Neuburg und die Schattenburg. Bei
letzterer gehören zu den romanischen Bauteilen der Bergfried sowie
Mauerteile des Wehrganges und der umfassenden Ringmauern.
Da die Städte Bregenz, Feldkirch und Bludenz in der späten
Phase der Romanik gegründet wurden, sind in den mittelalterlichen
Stadtteilen vereinzelt noch geringe romanische Kernbestände im Mauerwerk
anzutreffen.
Plastik und Kunsthandwerk der Romanik
Wenn aus dieser Zeit auch keine Steinplastiken erhalten sind, so gibt es
doch eine Reihe bemerkenswerter plastischer Bildwerke aus Holz und Metall.
Es handelt sich dabei vorwiegend um Kruzifixe (Chorbogenkreuze, Altar- und
Vortragskreuze), die im Landesmuseum, in Kirchen und Pfarrhöfen verwahrt
werden. Ein weiteres hervorragendes Beispiel für Kunsthandwerk in Metall ist
der Andelsbucher Tür-Ring.
Romanische Malerei
An romanischer Freskenmalerei konnte bislang im Vorarlberger Raum nichts
aufgefunden werden.
Ein einziges, überaus wertvolles Stück an Glasmalerei aus dieser Zeit ist in
der St. Nikolaus-Scheibe von Göfis erhalten.
Aus der Mehrerau stammen zwei romanische Handschriften, die reich
ausgezierte Initialen enthalten. Beide befinden sich in Überlingen. Ein
spätromanisches Messbuch aus Viktorsberg wird im Kloster Mehrerau verwahrt.
Es ist ebenfalls mit zahlreichen ornamentalen Initialen versehen.
Besonderer Hinweis
Die einzige romanische Basilika in Vorarlberg war die Klosterkirche der
Mehrerauer Benediktinerabtei. Von ihr sind nur noch die Grundmauern
erhalten. Da aber in der Bodenseenachbarschaft auf der Insel Reichenau mit
St. Georg, Oberzell, ein bedeutendes Beispiel einer romanischen Basilika mit
Krypta und Wandfresken besteht, wird ausnahmsweise auf dieses
zurückgegriffen (Bilder Nr. 1, 2, 3 und 9).
Ergänzende Bilder zum Thema
aus anderen UHVf-Bildreihen:
UHVf 8 / 15 Hohenbregenz
16 Stift Mehrerau um 1720
17 Kloster Mehrerau
18 Markusevangelium
19 Schattenburg Feldkirch
21 Burg Neuburg (Rekonstruktion)
22 Ruine Neuburg (heute)
23 Weltchronik des Rudolf von Ems
UHVf 14 / 6 Insel Reichenau - Luftbild
36 Insel Reichenau - romanische Kirchenanlage Oberzell
Literaturhinweise
llg Karl, Landes- und Volkskunde, Geschichte, Wirtschaft und Kunst
Vorarlbergs, Bd. IV Die Kunst Universitätsverlag Wagner - Innsbruck, 1967
Bilgeri Benedikt, Geschichte Vorarlbergs, Bd. I, Böhlaus Graz, 1971
Burmeister Karl Heinz, Geschichte Vorarlbergs - Ein Überblick, Verlag für
Geschichte und Politik, Wien, 3. Auflage 1989
Schwarz Artur, Heimatkunde von Vorarlberg, Eugen Ruß Verlag, Bregenz, 1949
Lehrerarbeitskreis für Heimatkunde im Unterricht Land Vorarlberg - eine
Dokumentation, Eugen Ruß Verlag, Bregenz, 1988
Ausstellungskatalog des Vorarlberger Landesmuseums Nr. 78: Kunst und Kultur
von der Steinzeit zur Gegenwart, 1978
Die Reichenau im Bodensee, Langewiesche Bücherei, 1986
Kleiner Kunstführer Abtei Mehrerau, Verlag Schnell & Steiner München -
Zürich, 1987
Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung, Jahrgang 2/1988, Heft 1:
Die ottonischen Monumentalmalereien an den Hochschiffwänden in der St.
Georgskirche Oberzell auf der Insel Reichenau
Kleiner Kunstführer Basilika Unserer Lieben Frau Rankweil/Vorarlberg, Verlag
Schnell & Steiner München - Zürich, 1987
Der Kunst-Brockhaus, Lexikon der Weltkunst, Wiesbaden, 1983
Dehio Vorarlberg, Schroll & Co., Wien, 1983
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