Lichtabsorbtion
Bau der Chloroplasten
Um die
physiologischen Abläufe der Photosynthese noch genauer zu verstehen,
muss man zu den physikalischen und chemischen Grundlagen des Photosyntheseprozesses
vordringen. Dieser spielt sich im wesentlichen in den molekularen Strukturen
der Chloroplasten ab.
Abb.: Lichtmikroskopisches Bild von Chloroplasten.
Die Chloroplasten höherer Pflanzen sind diskusförmig bis ellipsoid.
Ihr Durchmesser liegt zwischen 3 und 10 µm. Bei höchster lichtmikroskopischer
Auflösung erkennt man in ihnen ein Muster von dunkelgrünen Zonen
(Grana) auf hellerem Untergrund.
Die Analyse der Feinstruktur der Chloroplasten wurde erst durch die Erfindung
des Elektronenmikroskops in den vierziger Jahren dieses Jahrhunderts möglich.
Der Chloroplast
ist durch eine Doppelmembran gegen das Plasma abgegrenzt. Der Innenraum
wird von einem Membrankörper durchzogen, der in die feingranuläre
Grundsubstanz eingebettet ist Dieses Membransystem ist in zwei Bereiche
gegliedert Die abgeflachten Doppelmembranen (Thylakoide) erscheinen an
manchen Stellen wie ein Stapel flacher Scheiben.
Abb.: Elektronenmikroskopische Aufnahme eines Chloroplasten.
Ein solcher Stapel entspricht dem Granum des lichtmikroskopischen Bildes.
Man spricht daher von Granathylakoiden. Der Bereich außerhalb der
Grana wird von einzelnen großflächigen Doppelmembranen durchzogen,
die als Stromathylakoide bezeichnet werden. Beide Membransysteme gehen
kontinuierlich ineinander über.
Abb.: Einfaches Strukturmodell des Thylakoidsystems
Die Blattfarbstoffe
In den Tylakoidmembranen sind die Blattfarbstoffe (Blattpigmente) lokalisiert.
Wenn man aus grünen Blättern Farbstoffe extrahiert, werden sie
aus den Membranen herausgelöst. Trennt man die extrahierte Farbstofflösung
chromatographisch, erkennt man grüne, gehe und orangefarbene Farbstoffe.
Bei den gelben und orangefarbenen Farbstoffen handelt es sich um Carotinoide.
Bei den grünen Farbstoffen kann man das dunkelgrüne Chlorophyll
a und das gelbgrüne Chlorophyll b unterscheiden. Die unterschiedliche
Wanderungsgeschwindigkeit der Farbstoffe hängt mit der Molekularstruktur
und den verschiedenen chemischen Eigenschaften dieser Farbstoffe zusammen.
Das Chlorophyll besteht aus vier miteinander verbundenen Pyrrolkernen,
die durch ein System von abwechselnden Einfach- und Doppelbindungen miteinander
verbunden sind. Diese konjugierten Doppelbindungen sind verantwortlich
für die grüne Färbung. Am Pyrrolkern IV sitzt ein lipophiler
Alkoholrest, das Phytol. Bei der chromatographischen Trennung ist dieser
Rest zum Beispiel gut in Petroleumbenzin löslich. Daher wandert das
Molekül entsprechend weit. Carotin besteht aus Isopreneinheiten mit
zwei endständigen Ringsystemen, die besonders lipophil sind. Entsprechend
wandert es noch weiter als das Chlorophyll.
Blattfarbstoffe absorbieren Licht:
Abb.: Das
Lichtspektrum der Sonne. Der sichtbare Bereich ist nur ein kleiner Teil
des gesamten Spektralbereichs.
Die Sonne ist die universelle Energiequelle, die für den Aufbau
der Biomasse und den Betrieb der Lebensprozesse auf der Erde verantwortlich
ist. Bei den in der Sonne ablaufenden Kernfusionsprozessen wird Materie
in Energie umgewandelt. Diese Energie wird in Form elektromagnetischer
Strahlung in den Weltraum abgegeben. Ein Teil dieses Spektrums wird von
der grünen Pflanze absorbiert. Es handelt sich dabei um den Wellenbereich
zwischen 380 und 780 nm. Will man genauere Aussagen über die Lichtabsorption
verschiedener Pigmente machen, so bringt man sie in Lösung und bestimmt
mit Hilfe eines Spektralphotometers für jede Wellenlänge die
Absorption. Das Spektrum des Chlorophylls zeigt ehe starke Absorption
im Bereich der roten und blauen Strahlung. Grüne und dunkelrote Strahlen
werden dagegen kaum oder gar nicht absorbiert.
Abb.: Absorbtionsspektrum von Chlorophyll a.
Der Absorptionsvorgang besteht in der Aufnahme dieser Strahlung. Die
kleinsten absorbierbaren Einheiten der Strahlung werden Photonen oder
Quanten genannt. Die Energie eines Lichtquants ist nicht konstant. Sie
verhält sich umgekehrt proportional zur Wellenlänge der Strahlung.
Je kürzer die Wellenlänge, desto höher seine Energie. Strahlung
lässt sich also neben der Wellenlänge auch durch den Energiegehalt
ihrer Quanten definieren.
E = h * f
E = h * c/l
h = Plancksches Wirkungsquantum (6,6*10-34)
c = Lichtgeschwindigkeit (c = 3*108 m/s)
l = Wellenlänge ( des Lichtes: 390*10-9 bis 770*10-9
m).
Das langwelligere rote Licht ist weniger energiereich als das kurzwelligere
blaue Licht.
Bei der Aufnahme
von Lichtquanten durch Atome oder Moleküle ändert sich deren
energetischer Zustand. Um den Kern eines Atoms bewegen sich Elektronen
in Orbitalen. Durch Lichtenergie angeregt werden sie schneller und können
in ein kernferneres Orbital gehoben werden, d. h. auf ein höheres
energetisches Niveau. Sie werden vom Grundzustand in den angeregten Zustand
überführt. Nur ein Lichtquant, dessen Energiegehalt der Differenz
zwischen diesen beiden Zustandsformen entspricht, kann Elektronen anregen.
Im Chlorophyllmolekül haben die konjugierten Doppelbindungen Orbitale
zur Folge, die dem gesamten Ringsystem gemeinsam sind. Im Molekül
befinden sich daher besonders viele frei bewegliche Elektronen (Elektronen),
die dem konjugierten System als Ganzem zugeordnet werden können.
Durch Absorption eines Rotlichtquants wird das Chlorophyllmolekül
in den sogenannten 1. Anregungszustand überführt. Durch ein
blaues Lichtquant wird es in den 2. Anregungszustand gebracht, d. h. auf
ein noch höheres Energieniveau. Bereits nach 10-12 s fallen
die Elektronen vom zweiten in den ersten Anregungszustand zurück.
Die Energiedifferenz wird als Wärme frei.
Auch der erste Anregungszustand ist außerordentlich kurzlebig,
nämlich 10-9 s. Diese Zeit reicht jedoch, um die Energie
dieses Zustandes photochemisch wirksam werden zu lassen, d.h. um einen
Elektronentransport einzuleiten. Ist dieser Transport nicht möglich,
dann geht die absorbierte Energie als Wärme oder als Fluoreszenzlicht
verloren oder wird auf ein Nachbarmolekül übertragen.
Chlorophylle und Carotinoide sind zu photochemischen Reaktionseinheiten
zusammengefasst. Man nennt sie Farbstoffkollektive oder Photosysteme.
Sie sind eingelagert in die Thylakoidmembran der Chloroplasten und bestehen
jeweils aus rund 300 Farbstoffmolekülen. Alle Farbstoffmoleküle
können Licht absorbieren. In jedem System ist jedoch nur ein Molekül
Photomechanisch wirksam. Es handelt sich immer um Chlorophyll a. Man bezeichnet
es als Reaktionszentrum. Die übrigen Farbstoffe nennt man Antennenpigmente.
Sie übertragen die von ihnen absorbierte Energie auf das Reaktionszentrum.
Diese Energieübertragung geschieht durch Resonanz, d. h. die Energie
wird durch Schwingungen nahezu verlustfrei übertragen. Dieser Resonanztransfer
ist möglich, wem das benachbarte Molekül bei gleicher oder etwas
größerer Wellenlänge absorbiert. Entsprechend besitzt
sein Anregungszustand ein etwas niedrigeres Energieniveau. Die Energiedifferenz
geht als Wärme verloren. Dieser Mechanismus ermöglicht nur den
Transport einer Richtung, nämlich zum Reaktionszentrum hin.
Modellhaft kann man sich ein Photosystem trichterförmig vorstellen.
Das Licht trifft auf die obersten Farbstoffmoleküle und regt sie
an. Sie leiten durch Resonanztransfer die Energie an die darunterliegenden
Moleküle weiter bis hin zum Reaktionszentrum. Man bezeichnet diesen
Mechanismus als "Lichtsammelfalle".
Das Reaktionszentrum kann jeweils nur die Energie eines einzelnen Lichtquants
aufnehmen. Während dieser Zeit ist es für die übrigen Quanten
besetzt. Wenn man eine bestimmte Lichtmenge portioniert, d. h. nicht auf
einmal sondern in kleinen aufeinanderfolgenden Lichtblitzen verabreicht,
kann man mit der gleichen Menge eine bessere Quantenausbeute erreichen.
Durch Portionierung des Lichtes lässt sich eine Steigerung der Photosyntheserate
um das acht- bis neunfache erreichen.
Die beiden Photosysteme
Abb.: Absorbtionsspektrum (---)
und Aktionsspektrum (- - -) der Photosynthese bei Elodea. (Absorbtion
in % der eingestrahlten beleuchtungsstärke.
Bestrahlt man eine grüne Pflanze mit dem Licht unterschiedlicher
Wellenlängen, kann man aus der entstehenden Sauerstoffmenge die photosynthetische
Wirksamkeit der jeweiligen Wellenlänge ermitteln. Das Ergebnis solcher
Untersuchungen wird in einem Wirkungsspektrum (Aktionsspektrum) graphisch
dargestellt. Vergleicht man das Wirkungsspektrum mit dem entsprechenden
Absorptionsspektrum von Chlorophyll, fällt zunächst eine weitgehende
Übereinstimmung auf. Dies zeigt, dass dem Chlorophyll in der Photosynthese
eine Schlüsselstellung zukommt.
In den Bereichen oberhalb und unterhalb von 682 nm (Nanometer) ist die
Wirksamkeit der in diesem Spektralbereich auftretenden Lichtquanten in
Relation zu ihrer Absorption jeweils etwas verringert. Im Bereich unterhalb
682 nm liegt das daran, dass die von den Carotinen absorbierte Strahlung
weniger effektiv verwertet wird.
Die geringere Wirksamkeit oberhalb von 682 nm, der sogenannte Rotabfall,
wird dadurch nicht erklärt.
Bestrahlt man Chloroplasten mit Licht der Wellenlängen oberhalb
von 682 nm und gleichzeitig mit kurzwelligerem Licht einer Wellenlänge
unterhalb von 682 nm, so ist die Photosyntheseleistung wieder hoch. Diesen
Steigerungseffekt nennt man nach seinem Entdecker Emerson-Effekt.
Dieses scheinbar paradoxe Ergebnis wird erklärbar, wenn man die
Existenz zweier Photosysteme mit einem jeweils spezifischen Reaktionszentrum
annimmt. Das Reaktionszentrum des Photosysterns 1 ist das Chlorophyll
a, oder Pigment 700. das Chlorophyllmolekül im Reaktionszentrum des
Systems II wird Chlorophyll aII oder Pigment 682 genannt. Im Spektralbereich
unterhalb von 682 nm absorbieren beide Photosysteme in einem ausgewogenen
Verhältnis zueinander. Im Bereich oberhalb von 682 nm dominiert das
System I über das System Il. Die Photosynthese wird dort durch den
Mangel an Produkten des Photosystems, II begrenzt. Dies führt zu
einer Leistungsverminderung des Gesamtsystems. Im EMERSON-Experiment wird
diese Schwäche durch die zusätzliche Belichtung mit der kürzeren
Wellenlänge aufgehoben.
Bilder: Kroll, Demmer, Thies: "Stoffwechsel", Serie Biologie,
Westermann Wien.
|