Die Sprossachse (der "Stängel") ist wie die Wurzel
ein säulenförmiges Organ mit Spitzenwachstum; sie dient in erster
Linie der Leitung, Festigkeit und Speicherung; grüne Ausbildungen übernehmen
auch die Aufgabe der Fotosynthese. Zum Unterschied von der Wurzel trägt
die Sprossachse Blätter und ist biegungsfest gebaut; ihre mechanischen
Elemente liegen außen.
Der aus Sprossachse und Blättern bestehende oberirdische Teil
der höheren Pflanzen wird als Spross bezeichnet.
Das Wachstum der Sprossachse beruht wie das der Wurzel einerseits auf
dem Teilungswachstum des Bildungsgewebes, andererseits auf der Streckung
und Differenzierung. Das Bildungsgewebe tritt als Vegetationskegel (Vegetationspunkt,
Wachstumskegel) auf, der als erste Anlagen der Blätter seitliche
Ausbuchtungen trägt. Blattgebilde umhüllen ihn schützend
und bilden mit ihm gemeinsam eine Knospe.
Der Aufbau
des Stängels:
Ein
Schnitt durch den Stängel einer zweikeimblättrigen Pflanze zeigt
im Mikroskop folgendes Bild:
Außen liegt als Hautgewebe eine einschichtige Epidermis. In dem
darunter liegenden Grundgewebe sind die Gefäßbündel
in ringförmiger Anordnung zu erkennen. Das Grundgewebe außerhalb
des Gefäßbündelringes wird als Rinde, zwischen den einzelnen
Gefäßbündeln als Markstrahl und innerhalb des Gefäßbündelringes
als Mark bezeichnet
(Bild rechts).
Einkeimblättrige:
1 Epidermis, 2 Siebteil, 3 Holzteil
Zweikeimblättrige:
1 Epidermis, 2 Siebteil, 3 Holzteil,
4 Kambium;
Bei entsprechender Beobachtung einer einkeimblättrigen Blütenpflanze
kann man eine unregelmäßige Verteilung
der Gefäßbündel über den ganzen Stängelquerschnitt
erkennen.
Gefäßbündel:
Die Zellen der Rinde können, soweit sie Chlorophyll enthalten, C02
assimilieren; Mark und Markstrahlen dienen vielfach der Speicherung. Die
Gefäßbündel übernehmen die Funktion der Leitung und
Festigung. In den Gefäßen oder Leitbündeln (in ihrer Gesamtheit
auch als Stranggewebe bezeichnet) sind immer zwei Komplexe vornehmlich
lang gestreckter Zellen zusammengefasst, von denen der eine, der Holzteil
der Leitung des Wassers und der darin gelösten anorganischen Stoffe
in Richtung Wurzel - Blatt, der andere, der Bast- oder Siebteil dem Transport
der organischen Stoffe (Assimilate) in Richtung Blatt - Wurzel dient.
Beide enthalten abgestorbene, lang gestreckte, dickwandige Zellen als
Elemente der Festigkeit und sind immer so angeordnet, dass der Holzteil
dem Inneren der Sprossachse zugekehrt, der Bastteil nach außen gewandt
ist.
Die Zellwände des Holzteiles sind verholzt. Seine Bestandteile für
die Leitung sind vorwiegend die Gefäße, das sind durch Auflösung
der Querwände entstandene Röhren aus abgestorbenen Zellen, deren
Wände ring-, spiral- oder netzförmige Wandverdickungen aufweisen.
Die Festigkeit des Holzteiles bewirken besonders die Holzfaserzellen,
die ebenfalls abgestorben, aber besonders dickwandig sind.
Der Bastteil ist nicht verholzt; er leitet in den meisten Fällen
mit Hilfe der Siebröhren, das sind lang gestreckte, lebende, mit
Plasma gefüllte Zellen, deren Querwände siebartig durchbrochen
sind.
Die "offenen Gefäßbündel" der zweikeimblättrigen
Blütenpflanzen enthalten zwischen Bast- und Holzteil ein Bildungsgewebe,
das Kambium, das durch Zellteilungen ein (sekundäres) Dickenwachstum
der Sprossachsen ermöglicht; den "geschlossenen Gefäßbündeln"
der Einkeimblättrigen fehlt das Kambium; ihre Sprossachsen können
mit zunehmendem Alter nicht in die Dicke wachsen.
Dickenwachstum:
Während
die Stängel der krautigen Pflanzen ihren (primären) Aufbau beibehalten,
der sich durch die Differenzierung ergeben hat, verändert sich der
Bauplan bei den mehrjährigen verholzenden Stämmen der Zweikeimblättrigen
und Nacktsamigen (Nadelhölzer) infolge der Tätigkeit des
Kambiums und des daraus resultierenden (sekundären) Dickenwachstums.
Aus weichen Stängeln werden Stämme.
(Siehe Bild rechts).
1 Rinde, 2 Siebteil (rot markiert),
3 Holzteil (rot markiert), 4 Kambiumring,
5 sekundärer Markstrahl, 6 primärer Markstrahl
Als Voraussetzung für eine einheitliche Verdickung des Stammes entwickelt
sich ein Kambium auch in den Markstrahlen zwischen den einzelnen Gefäßbündeln.
Es entsteht ein geschlossener Kambiumzylinder, der nach außen
Elemente des Bastteiles, nach innen solche des Holzteiles abscheidet.
Somit wächst mit der Dickenzunahme im Inneren des Stammes ein geschlossener
Holzkörper heran, in dem die Markstrahlen als kurze radiäre
Platten eingebettet liegen, da ihre weitere Ausbildung nur mehr mit Unterbrechungen
erfolgt. Die durch die Kambiumtätigkeit entstehenden Gefäße
passen ihre Durchmesser an den Wasserbedarf der Pflanze an und bewirken
dadurch in Gebieten mit jährlichem Klimawechsel (Sommer - Winter,
Regenzeit - Trockenzeit) das Zustandekommen von Jahresringen.
Im Frühjahr benötigen die Pflanzen zum Austreiben viel Wasser
und erzeugen deshalb ein "weitporiges Frühholz",
das allmählich in das "engporige Spätholz"
übergeht, das im Laufe des Spätsommers und Herbstes hinzugewachsen
ist. Im Winter (oder in der Trockenzeit) ruht das Wachstum; im Frühjahr
beginnt es sofort mit der Bildung weitporiger Gefäße. Auf diese
Weise entstehen jedes Jahr scharfe Grenzen zwischen dem Spät- und
Frühholz, je zwei solcher Grenzen schließen einen Jahresring
ein.
Abgestorbene Bastteile und Korkschichten bilden gemeinsam ein kompliziertes
Hautgewebe, die Borke, das infolge der Dickenzunahme des Stammes
laufend aufreißt und in einer für die jeweilige Pflanzenart
charakteristischen Weise abgesprengt wird.
Bild
rechts:
Die Linde besitzt zerstreutporiges Holz mit relativ engen Gefäßen
(Durchmesser ca. 100 µm).
Hier
mit 3 Jahresringen.
Bild rechts:
Wie oben, aber nur mit einem Jahresring.
Bild
rechts:
Aristolochia sipho, eine Lianenart. Holzporen gibt es nur im Frühholz
jedes Jahreszuwachses. Breite Mark- und Holzstrahlen; * markieren die
Startstellen neuer Holzstrahlen.
Bild rechts:
Drei Jahresringgrenzen bei der Eiche.
Man erkennt die großen Gefäße
des Frühholzes. Die mikroporen Gefäße des Spätholzes
liegen in Tracheidengewebe eingebettet. Eichenholz ist durch seine hohe
Dichte an Wandmaterial als typisches Hartholz ausgewisen.
(4 Bilder aus "Strasburger")
Bilder aus:
Ehlers/Noll: "Zellbiologie" (Serie Biologie), Westermann, Wien
und aus
Sitte, Ziegler, Ehrendorfer, Bresinsky: "Strasburger - Lehrbuch der
Botanik"
(G. Fischer)
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