Archäometrie - Ein multidisziplinärer Wissenschaftszweig
Die Physik hat in den letzten Jahrzehnten den Archäologen verschiedene
Werkzeuge in die Hand gegeben, wie z. B. Thermolumineszenzdatierung, Radiocarbonanalyse,
Neutronenaktivierungsanlayse, Röntgenfluoreszenzanalyse, magnetometrische
Untersuchungen etc., die es ermöglichen, das Alter, die Zusammensetzung
oder die Echtheit eines archäologischen Artefakts zu bestimmen.
Diese neue Wissenschaftsdisziplin der Archäometrie (aus dem
Griechischen: archaio: alt, metron: messen) stellt einen multidisziplinären
Forschungszweig dar, in dem Physiker, Archäologen, Ur- und Frühgeschichtler,
Kunsthistoriker, Geologen etc. Hand in Hand arbeiten, um Licht in unsere
Vergangenheit zu bringen.
Entwicklung von relativen und absoluten Methoden
Mit den verfügbaren Methoden konnte die Geologie noch im 19. Jahrhundert
nur eine relative Zeitskala aufstellen. Das tatsächliche Alter der
Erde und die Dauer der Zeiteinheiten konnten nur abgeschätzt werden.
Eine Berechnung z. B. Lord Kelvins von 1862 ergab ein Erdalter von 20
bis 40 Millionen Jah-ren. Nach der Entdeckung der Radioaktivität
wurden radiometrische Methoden zur Altersbestimmung entwickelt,
die es erlaubten, die relative geologische Zeiteinteilung absolut zu datieren.
Nikolaus Steno formulierte 1669 das Grundgesetz der Stratigraphie:
Bei ungestörten Schichtfolgen liegen jüngere Schichten auf älteren.
Eine andere Regel besagt, dass sich das Leben auf der Erde "einsinnig"
entwickelt hat, dass sich die Formen nicht wiederholen. Auf der Grundlage
dieser Prinzipien war es möglich, die Abfolge der Fossilien und Schichten
aufzuzeichnen, in Profilen zusammenzustellen und über größere
Räume zu vergleichen.
Daraus ergab sich schließlich eine weltweite
Einteilung der Erdgeschichte in vier große Zeitalter:
Präkambrium, Paläozoikum, Mesozoikum und Känozoikum,
und die weitere Untergliederung in Systeme oder Perioden, so z. B. des
Mesozoikums in Trias, Jura und Kreide, und in feinere - dann aber nur
noch regional gültige - stratigraphische Einheiten bis hin zu einzelnen
Schichten.
Grundsätzlich sind alle Altersbestimmungsmethoden mehr oder weniger
fehlerhaft und müssen mit anderen Methoden geeicht werden. Durch
Vergleiche und eine Verbesserung der Messmethoden wurden die Messgenauigkeiten
im Laufe der jahre immer mehr verbessert.
C-14-Altersbestimmung
In den obersten Luftschichten der Atmosphäre werden durch die Höhenstrahlung
des Weltalls ununterbrochen radioaktive Nuklide erzeugt. Atomkerne, die
von dieser Höhenstrahlung getroffen werden, zerbrechen in ihre Bestandteile.
Mit hoher Geschwindigkeit stieben die Bruchstücke auseinander und
kollidieren mit anderen Kernen.
Es entstehen neue Kerne. Beispiele: 3H, 14C oder
32Si.
Das radioaktive Nuklid 14C ist dabei von besonderer Bedeutung,
weil er über CO2 in den biologischen Kreislauf gelangt,
denn durch das Wettergeschehen werden die 14C - Atome gleichmäßig
in der gesamten Biosphäre unseres Planeten verteilt.
14C ist radioaktiv und hat eine Halbwertszeit von
5730 Jahren:
Der Zerfall: 14C --> 14N + e-
Auf lange Sicht stellt sich ein Gleichgewicht zwischen zerfallenden und
neu entstehenden Atomen ein. Eigentlich dürfte es 14C
wegen der relativ geringen Halbwertszeit in der natur gar nicht mehr geben.
Da 14C aber zerfällt, gleichzeitig aber immer wieder neu
gebildet wird, tritt es im biologischen Kreislauf (CO2, Kohlenhydrate,
Zellulose, Fette, Proteine, DNA usw.) immer in gleicher Häufigkeit
auf:
Das heißt: Das Mengenverhältnis von 12C:14C ist im biologischen
Kreislauf und damit in allen Lebewesen (Bakterien, Pilze, Pflanzen, Tiere,
Menschen) immer gleich.
1 Gramm Kohlenstoff eines beliebigen Lebewesens enthält immer so
viele 14C-Atome, dass pro Minute 12,5 Atome durch Beta-Zerfall in 14N
zerfallen.
Wenn nun ein Tier verendet oder ein Baum geschlagen wird, so wird der
biologische Kreislauf verlassen, die Kohlenstoff-Atome werden nicht mehr
ersetzt.
Dies bedeutet: 14C zerfällt nun, die Halbwertszeit-Uhr
tickt.
Nach einer 14C-Halbwertszeit (5730 Jahre) zerfallen nur noch
6,25 14C-Atome pro Minute, nach 20300 Jahren nur noch 1 Atom
pro Minute.
Man kann also aus der Zahl der radioaktiven 14C-Atome in
einem fossilen Lebewesen den Todeszeitpunkt bestimmen. Die Methode funktioniert
etwa 30000 Jahre zurück.
Dendrochronologie
Diese Methode wertet die Zahlen und Breiten von Jahresringen langlebiger
Bäume aus. Damit sind Sedimente, Ereignisse und klimatische Bedingungen
der vergangenen 3000 bis 4000 Jahre exakt zu datieren.
Warvenanalyse
Eine der ältesten Methoden zur absoluten Altersbestimmung, die Warvenanalyse,
wurde von schwedischen Wissenschaftlern zu Beginn des 20. Jahrhunderts
entwickelt. Eine Warve ist eine Sedimentschicht, die sich innerhalb
eines Jahres in einem stehenden Gewässer abgesetzt hat. Um das Alter
der eiszeitlichen Ablagerungen aus dem Pleistozän zu bestimmen, wurden
Warven gezählt und miteinander verglichen.
Thermolumineszenz
Das Prinzip der Thermolumineszenzdatierung (TL - Datierung) basiert
auf der Speicherung von Informationen über die absorbierte Energie
ionisierender Strahlung in anorganischen Kristallen (z.B. Quarz oder Feldspat),
welche in allen Keramiken enthalten sind. In einem Kristallgitter
können durch radioaktive Strahlung freie Elektronen dauerhaft angeregt
werden. Werden diese Kristalle im Labor über eine bestimmte Temperatur
(etwa 300 °C) erhitzt, so kehren die Elektronen in ihren Ausgangszustand
zurück. Dabei wird Licht emittiert. Aus der Temperatur, aus der Intensität
und dem Spektrum der Thermolumineszenz und anderen Parametern lässt
sich das Alter der Probe ermitteln. Diese Methode ist für Quarz-
und Feldspatkristalle geeignet und findet besonders in der Archäologie
bei der Altersbestimmung von Keramik-funden Anwendung.
Radiometrische Altersbestimmung
Die Entdeckung der Radioaktivität (Becquerel, 1896) eröffnete
die Möglichkeit der radiometrischen Altersbestimmung.
Grundlegende Theorie :
Die Atome radioaktiver Isotope, beispielsweise Uran (U) und Thorium
(Th), zerfallen gesetzmäßig und nach einem Zeitplan (Halbwertzeit)
zu nichtradioaktiven Isotopen.
Von 327 natürlich vorkommenden Isotopen sind 55 radioaktiv. Isotope
sind Atome eines Elements, die sich in der Atommasse unterscheiden, aber
die gleichen Ordnungszahl besitzen. Isotope haben die gleichen chemischen
Eigenschaften.
Dieser Zerfall wird von einer Emission von Strahlung oder Teilchen (Alphateilchen,
Beta- und Gammastrahlen) aus dem Atomkern begleitet. Manche Isotope ("Mutterisotope")
zerfallen in einem Schritt zu einem stabilen Endprodukt, (beispielsweise
Kohlenstoff-14); bei anderen vollzieht sich der Zerfall bis zur Bildung
eines stabilen Isotops über mehrere Schritte, also über mehrere
"Tochterisotope". Mehrstufige radioaktive Zerfallsreihen treten
z. B. bei Uran 235, Uran 238 und Thorium 232 auf. In einer bestimmten
Zeit zerfällt ein bestimmter Teil des Mutterisotops.
Die Zeit, in der die Hälfte der Ausgangsmenge zerfällt, wird
Halbwertszeit genannt. Das können Mikrosekunden sein oder aber auch
einige Milliarden Jahre. Zehn radioaktive Isotope besitzen Halbwertszeiten
im Rahmen der Erdgeschichte, sie kommen für die radiometrische Altersbestimmung
von Gesteinen in Frage.
Jedes radioaktive Element besitzt dabei seine eigene Halbwertszeit; die
von Kohlenstoff-14 beträgt 5.730 Jahre, die von Uran 238 4,5 Milliarden
Jahre.
Bei der radiometrischen Altersbestimmung wird das Mengenverhältnis
Mutter-/Tochterisotop in einem Mineral festgestellt. Das Ergebnis bedarf
sorgfältiger geologischer Interpretationen, denn nur unter günstigen
Bedingungen ist das radiometrische Alter der Mineralien gleich dem Alter
der Gesteine. Dieses radiometrische Alter kann die primäre Bildung
aus einem Magma sein, aber auch eine spätere metamorphe Umwandlung
oder eine Beeinflussung durch gebirgsbildende Vorgänge.
Kalium-Argon-Methode
Mit dem Zerfall von radioaktivem Kalium-40 zu Argon-40 und Calcium-40
können Gesteine mit einem Alter von 200 bis 800 Millionen Jahren
(mit Argon) bzw. von eins bis zwei Milliarden Jahren (mit Calcium)
datiert werden. Kalium-40 kommt weit verbreitet in häufigen
gesteinsbildenden Mineralien wie Glimmern, Feldspäten und Hornblenden
vor. Problematisch ist das Entweichen von Argon, wenn das Gestein Temperaturen
über 125 °C ausgesetzt war, denn dadurch wird das Messergebnis
verfälscht.
Rubidium-Strontium-Methode
Mit dieser zuverlässigen Methode können die ältesten
Gesteine datiert werden. Sie basiert auf dem Zerfall von Rubidium-87
zu Strontium-87 und wird häufig auch dafür eingesetzt, um Kalium-Argon-Datierungen
zu überprüfen, da sich Strontium bei geringer Erwärmung
nicht verflüchtigt, wie es beim Argon der Fall ist.
Thorium-230
Thorium-Methoden eignen sich zur Datierung von Meeressedimenten.
Das Uran im Meerwasser zerfällt zu Thorium-230, das sich in die Sedimente
auf dem Meeresgrund einlagert.
Thorium-230 ist ein Glied der Zerfallsreihe von Uran-238; es besitzt eine
Halbwertszeit von 80000 Jahren. Protactinium-231, das von Uran-235 abge-leitet
ist, hat eine Halbwertszeit von 34300 Jahren.
Methoden mit Blei
Das Alter wird in diesem Fall bestimmt, indem man den Gesamtbleigehalt
und die Aktivität der Alphateilch (Uran-Thorium-Gehalt) von Zirkon-,
Monazit- oder Xenotimkonzentraten spektrometrisch bestimmt. Die Uran-Blei-Methode
basiert auf dem radioaktiven Zerfall von Uran-238 in Blei-206 und von
Uran-235 in Blei-207. Mit den Zerfallsgeschwindigkeiten für Thorium-232
bis Blei-208 kann man drei voneinander unabhängige Altersangaben
für die gleiche Probe erhalten. Die ermittelten Blei-206- und Blei-207-Verhältnisse
können in das so genannte Blei-Blei-Alter umgewandelt werden. Die
Methode wird am häufigsten für Proben aus dem Präkambrium
benutzt. Als Nebenprodukt der Uran-Thorium-Blei-Altersbestimmung kann
zusätzlich ein Uran-Uran-Alter, das aus dem Verhältnis Uran-235
zu Uran-238 abgeleitet wird, berechnet werden.
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