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Farbenblindheit
Le Daltonisme
Im Französischen wird die X-chromosomal verebte Farbenblindheit
"le Daltonisme" genannt. Dieser Bericht der Entdeckung
seiner Farbenblindheit wurde 1798 veröffentlicht.
Ich war stets der Meinung, obwohl ich sie wohl nicht oft geäußert
habe, dass einige Farben falsch benannt wurden. Die Bezeichnung "rosa"
oder "nelkenfarbig" schien mir im Vergleich zur Farbe der Nelken
wohl angebracht. Doch wenn der Ausdruck "rot" statt "rosa"
verwendet wurde, hielt ich es für höchst unangemessen. Nach
meiner Empfindung sollte es blau gewesen sein, weil rosa und blau mir
näher verwandt erschienen. Hingegen haben rosa und rot kaum eine
Beziehung.
Im Laufe meiner Beschäftigung mit den Wissenschaften zog die Optik
notwendigerweise meine Aufmerksamkeit auf sich. Ich wurde, noch bevor
ich eine Absonderlichkeit in meinem Farbsinn feststellte, bestens mit
der Theorie des Lichts und der Farben vertraut. Ich hatte jedoch keinen
großen Wert auf die praktische Unterscheidung von Farben gelegt,
jedoch in einem gewissen Ausmaß wohl deswegen, weit ich ihre Namensgebung
als sehr verworren betrachtete.
Ab dem Jahre 1790 zwang mich das gelegentliche Studium der Botanik, mehr
als bisher auf Farben zu achten. Bezüglich der Farben weiß,
gelb oder grün stimmte ich leicht dem entsprechenden Ausdruck zu.
Doch blau, purpur, rosa und karmesin erschienen mir weniger unterscheidbar,
alle konnten sich nach meiner Vorstellung als blau bezeichnen lassen.
Ich habe oft ernsthaft Leute gefragt, ob eine Blume blau oder rosa wäre,
doch wurde dies allgemein als Scherzfrage betrachtet. Trotzdem war ich
niemals davon überzeugt, eine Sonderbarkeit in meinem Gesichtssinn
zu besitzen, bis ich zufällig die Farben der Blüten von GERANIUM
zonale bei Kerzenlicht beobachtete. Es war Herbst 1792. Die Blume war
rosa, doch mir schien sie fast genau himmelblau zu sein. Jedoch im Kerzenlicht
änderte sich die Farbe überraschenderweise und hatte dann kein
Blau in sich, nur was ich Rot nannte, eine Farbe im scharfen Gegensatz
zu Blau. Ich zweifelte damals nicht, dass die Änderung der Farbe
allen gleich erscheinen würde und forderte einige meiner Freunde
auf, das Phänomen zu beobachten: Ich war überrascht festzustellen,
dass sie alle darin übereinstimmten, dass die Farbe nicht wesentlich
davon verschieden wäre, wie sie bei Tageslicht erschien, nur mein
Bruder sah sie im selben Licht wie ich.
Die Beobachtung bewies klar, dass mein Gesichtssinn nicht dem anderer
Personen gleich ist.
Aus: "Memoirs of the Manchaster Literary and Philosophical Society"
(Bd.5/1798) (leicht gekürzt) |