Das Blut - ein Transportmittel
Sauerstoff, der mit der Atemluft in die Lungen gesaugt wird,
gelangt durch das Blut in alle Gewebe. Kohlendioxid aus den Zellen
bringt das Blut bis in die Lungen. Wasser gelangt mit dem Blut
zu allen Körperorganen. Überschüssiges Wasser wird in
erster Linie den Nieren zugeführt. Nährstoffe werden vom Blut
an die Orte des Bedarfs befördert. Abfallstoffe bringt das
Blut in die Ausscheidungsorgane, in erster Linie zu den Nieren.
Giftstoffe, die von außen in den Körper gelangen
oder im Körper selbst entstehen, werden vom Blut den großen
Entgiftungsorganen, der Leber und den Nieren, zugeführt.
Abwehrstoffe gegenüber vielen körperfremden Stoffen
und Zellen können durch das Blut rasch an jede "Gefahrenstelle"
gebracht werden.
Hormone, die von den Hormondrüsen in das Blut abgeschieden
werden, verteilt das Blut im ganzen Körper. Damit wird das Blut
zu einem alles verbindenden Nachrichtenverteiler.
Wärmeenergie transportiert das Blut aus dem Körperinnern
an die Außenflächen des Körpers.
Menge und Zusammensetzung des Blutes
Es gibt keine Blutmenge, die für alle Menschen gleichermaßen gilt.
Das Verhältnis Blut zu Körpergewicht ist für Frauen und
Männer unterschiedlich.
Verhältnis Blut zu Körpergewicht:
Frau: 60 bis 70 ml/kg, Mann: 70 bis 80 ml/kg
Bezogen auf eine Frau mit 60 kg Körpergewicht sind das 4 l Blut, bezogen
auf einen Mann mit 75 kg dementsprechend 6 l. Das entspricht einem Anteil
am Körpergewicht von 8 %.
Lässt man Blut außerhalb des Körpers in einem glattwandigen
Gefäßvöllig erschütterungsfrei stehen, dann setzt
sich eine rote, undurchsichtige Masse ab, deren mikroskopische Untersuchung
zeigt dass es sich dabei um Blutkörperchen handelt. Über den
Blutkörperchen bleibt eine durchsichtige, bernsteinfarbene Flüssigkeit,
das Blutplasma, stehen.
Bild
rechts: Blutsenkung.
Die Senkungsgeschwindigkeit der Blutkörperchen hängt vom Mischungsverhältnis
der Eiweißstoffe des Blutplasmas ab. Links: Beginn, Rechts: Die
Werte für Mann und Frau nach 24 Stunden. Bei Krankheit sind die
Werte auf charakteristische verändert und können Hinweise
auf eine bestimmte Krankheit geben.
Die Roten Blutkörperchen (Erythrozyten)
Sie bilden etwa 99% der abgesetzten Masse. In 1 mm2 Blut sind beim
Mann etwa 5,5 Millionen Rote Blutkörperchen enthalten, bei der
Frau sind es etwa 5 Millionen. Im Mikroskop erscheinen die Roten Blutkörperchen
blassrot. Die Farbe kommt von einem eisenhaltigen Eiweißstoff,
dem Hämoglobin. Hämoglobin transportiert Sauerstoff. Die Form
der Roten Blutkörperchen gleicht einer dickwandigen Scheibe. Ihr
Durchmesser beträgt etwa 8 mm, das sind 8 tausendstel Millimeter.
Ihre Oberfläche ist, verglichen mit kugelförmigen Zellen desselben
Inhalts, wesentlich größer. Die Gesamtoberfläche aller
Roten Blutkörperchen ergibt eine Fläche von 3500 m2.
Bild rechts: Rotes Blutkörperchen. Jeder Punkt entspricht etwa
16.000 Hämoglobinmolekülen
Im Roten Knochenmark werden die Roten Blutkörperchen gebildet.
Die fertigen Roten Blutkörperchen haben keinen Zellkern; gegen Ende der
Blutkörperchenentwicklung wird er ausgestoßen. Durchschnittlich
werden sie 110 Tage alt. Ihre kurze Lebensdauer ist, abgesehen von der
Kernlosigkeit, mit der starken Reibungsbeanspruchung in den Blutbahnen
zu erklären.
In 110 Tagen legt ein Rotes Blutkörperchen immerhin rund 1500 km Wegstrecke
zurück
Bild rechts: Gefärbter Blutausstrich. Viele rote Blutkörperchen,
wenige weiße Blutkörperchen.
Erstaunlich ist die enorme Produktionskraft des Roten Knochenmarks, das in
einer Sekunde 2,5 Millionen, während des ganzen Lebens 5000 Billionen
Rote Blutkörperchen, das sind etwa 500 kg, herzustellen vermag.
Die zerfallenden Blutkörperchen werden normalerweise am Ort ihrer Entstehung,
im Roten Knochenmark also, abgebaut. Kranke und mit Giftstoffen beladene
Rote Blutkörperchen werden in der Leber und in der Milz abgebaut.
Die brauchbaren Baustoffe, vor allem das Eisen, werden zum Neuaufbau
wiederverwendet.
Bild
rechts: Rote Blutkörperchen in einem Gefäß (Rasterelektronemikroskopische
Aufnahme)
Die Weißen Blutkörperchen (Leukozyten)
Auf 700 Rote Blutkörperchen kommt 1 Weißes Blutkörperchen.
1 mm2 Blut enthält 7500 Weiße Blutkörperchen.
Sie sind etwa doppelt so groß wie die Roten, besitzen einen Zellkern,
aber kein Hämoglobin. Mit Scheinfüßchen können
sie sich wie Amöben fortbewegen. Eingedrungene Bakterien werden
von ihnen mit Abwehrstoffen bekämpft und aufgefressen. Am Ende
gehen die Leukozyten selbst an den Giftstoffen der vertilgten Krankheitserreger
zugrunde.
Bild: Ein weißes Blutkörperchen frißt ein altes
Rotes Blutkörperchen. (Im rechten Bild wird bereits heftig verdaut).
Nur etwa 5% der Wanderzellen halten sich übrigens im Blut auf.
Die meisten sind in den Gewebslücken und im Knochenmark zu finden.
Im Roten Knochenmark, aber auch in der Milz und in den Lymphknoten entstehen
sie. Ihre Lebensdauer reicht von einem Tag bis zu einem Jahr.
Die Blutplättchen (Thrombozyten)
Die Blutplättchen sind etwa so groß wie die Roten Blutkörperchen.
Ihre Form ist unregelmäßig. Sie sind als Abschnürung
von Knochenmarksriesenzellen entstanden und kernfrei. Etwa 300 000 kommen
auf 1 mm2 Blut. Als Träger wichtiger Enzyme und bei
der Blutgerinnung spielen die Blutplättchen eine wichtige Rolle.
Ihre durchschnittliche Lebensdauer beträgt nur etwa vier Tage.
Das Blutplasma
Das Blutplasma enthält etwa 10 % in Wasser gelöste Stoffe. Dieses
Verhältnis wird trotz schwankender Wasseraufnahme und Wasserabgabe
des Körpers erstaunlich konstant gehalten. Eiweiße stehen
unter den gelösten Stoffen mit 7 bis 8% an erster Stelle. Zum Teil
handelt es sich um Eiweiß, das unmittelbar von den Körperzellen
aufgenommen werden kann. Daneben gibt es eigene Bluteiweiße, die
am Wundverschluss mitwirken oder bei der Abwehr körperfremder Stoffe
eine Rolle spielen. Auch die Enzyme, die im Blut vorkommen, sind Eiweißkörper,
ebenso eine Reihe von Hormonen.
Zucker: Der Traubenzucker stellt mit 0,1 % zwar mengenmäßig
im gesamten Blut nur etwa 6 g - das ist ein Kaffeelöffel voll -,
als Energielieferant für die Muskeln ist er jedoch lebenswichtig.
Fette kommen als winzige Tröpfchen in wechselnden Mengen
vor; ebenso die an Eiweiß gebundenen Fettstoffe, unter denen das
Cholesterin gefürchtet ist, weil es sich bei einer Entgleisung
des Stoffwechsels an der Innenwand der Blutgefäße ablagern
kann, durch "Arteriosklerose" deren Querschnitt verengt und die
Strömung des Blutes behindert.
Salze sind zu etwa 1 % im Blutplasma vorhanden. Natrium, Kalium
und Calcium, Chlorid, Carbonat und Phosphat spielen dabei die Hauptrolle.
Harnstoff, das wichtigste Abbauprodukt des Eiweißstoffwechsels, kommt
nur mit 0,025 % im Blut vor, weil der Überschuss ständig von
den Nieren ausgeschieden wird.
Plasmakonserven. Die Trennung des Blutes in Blutkörperchen
und Blutplasma kann medizinische Bedeutung gewinnen, wenn nämlich
Kranken mit starker Anämie fast ausschließlich Blutkörperchen
übertragen werden. Plasmakonserven werden eingesetzt, wenn es darum
geht, rasch große Blutverluste zu ersetzen, den Kreislauf aufzufüllen
und damit in Gang zu halten. Auch große Flüssigkeitsverluste,
wie sie bei Verbrennungen und schweren Durchfällen entstehen, werden
auf diese Weise ausgeglichen.
Blutgerinnung und Bluterkrankheit
Normalerweise trennen sich die flüssigen und festen Bestandteile des Blutes
nicht ohne weiteres. Im Blutplasma entstehen nämlich, sobald das
Blut den Körper verlässt, lange Fasern aus Fibrin, einem Eiweißstoff,
der die Blutkörperchen regelrecht einspinnt und sie zu einem Klumpen,
dem Blutkuchen, zusammenbindet. Dieser Vorgang spielt sich bei der Blutgerinnung
an jeder Wunde ab:
Bild: Zusammensetzung der festen Blutbestandteile. Rote Blutkörperchen,
weiße Blutkörperchen (mit Zellkern) und Blutplättchen
mit Fibrinfasern.
Die austretenden Blutplättchen kleben an den Bindegewebsfasern
der Wundränder fest.
Nach einer Blutungszeit von etwa drei Minuten hängen dort so viele Blutplättchen
aneinander, dass sich ein Wundpfropf bildet. Durch das Netz der entstehenden
Fibrinfäden erhält der Wundpfropf die notwendige Festigkeit.
Im Blut liegt kein fertiges Fibrin vor, sondern eine lösliche
Vorstufe, das Fibrinogen. Ein Enzym, das Thrombin,
bewirkt die Bildung von Fibrin aus Fibrinogen.
Das Thrombin muss aus einer Vorstufe, dem Prothrombin, gebildet werden; dafür
ist unter anderem Calcium wichtig. Prothrombin wird wie das Fibrinogen
in der Leber gebildet.
Die Herstellung der Vorstufe ist mehrfach gesichert. Damit wird unter anderem
die Blutgerinnung in den Blutgefäßen selbst verhindert.
Bei Blutkonserven ist es nötig, die Blutgerinnung zu unterbinden. Dies
wird durch einen genau bemessenen Zusatz von Zitronensäure, der
das Calcium bindet, erreicht.
Bei der Bluterkrankheit, deren Vererbung an das X-Chromosom gekoppelt ist,
kommt es trotz Fibrinogen im Blut und normalen Blutplättchen zu
langandauernden und nur schwer stillbaren Blutungen, weil aus der langen
Reihe von Faktoren, die zur Thrombinbildung nötig sind, ein einziger
fehlt.
Karl Landsteiner entdeckt die Blutgruppen
Bild: Dr. Karl Landsteiner
Dass man bei der Blutübertragung von Mensch zu Mensch die Blutgruppen
beachten muss, ist heute bekannt. Bis zum Beginn des 20. Jahrhunderts
war das anders. Nur knapp die Hälfte aller Menschenblut-Übertragungen
verlief bis dahin zufriedenstellend. Vielen brachten sie schwere Gesundheitsschäden
oder den Tod.
Untersuchte man die an der Übertragung Gestorbenen, dann zeigte es sich,
dass ihre Blutkörperchen verklumpt und deshalb die feinen Blutgefäße
verstopft waren. Unerklärlich blieb es aber lange Zeit, warum sich
diese Folgen so völlig unberechenbar einstellten. Das entscheidende
Experiment zur Klärung dieser Frage machte der Wiener Arzt
Karl Landsteiner im Jahre 1901. Er entnahm fünf seiner
Mitarbeiter und sich selbst Blut und trennte es jeweils in Serum und
Blutkörperchen (Blutserum ist Blutplasma, aus dem das Fibrin entfernt
wurde). Sein entscheidender Versuch "Alle gegen Alle" brachte folgendes
Ergebnis:
Die Blutkörperchen von Dr. Störk und Dr. Landsteiner wurden von keinem
Serum verklumpt. Die Blutkörperchen der übrigen vier Mitarbeiter
verhielten sich gegenüber den verschiedenen Seren unterschiedlich,
und zwar immer zwei in gleicher Weise. Es muss demnach mindestens
drei verschiedene Blutgruppen geben.
Im Jahr darauf wurde eine vierte, seltener vorkommende Blutgruppe entdeckt.
Die vier "klassischen" Blutgruppen, die man mit A, B, AB und 0 bezeichnet,
spielen bei der Blutübertragung die entscheidende Rolle. Zwei Bedingungen
müssen dabei beachtet werden:
Im Blutserum kommen Verklumpungsstoffe vor, die sich
an die Roten Blutkörperchen anderer Blutgruppen anlagern, diese
also miteinander verklammern und somit verklumpen.
Die Blutgruppe A enthält den Verklumpungsstoff Anti-B.
Die Blutgruppe B enthält den Verklumpungsstoff Anti-A.
Die Blutgruppe 0 enthält sowohl Anti-A als auch Anti-B.
Die Blutgruppe AB macht eine Ausnahme: sie enthält keinen Verklumpungsstoff.
Von der Oberfläche der Roten Blutkörperchen
hängt es ab, ob sie überhaupt verklumpt werden können
und von welchem Verklumpungsstoff.
Die Blutgruppe A verklumpt mit Anti-A (in Blutgruppe B enthalten).
Die Blutgruppe B verklumpt mit Anti-B (in Blutgruppe A enthalten).
Die Blutgruppe AB verklumpt mit Anti-A und Anti-B.
Die Blutgruppe 0 besitzt Blutkörperchen, die keinen Ansatz .zur
Verklumpung besitzen.
Um die Blutgruppenzugehörigkeit zu bestimmen, genügen also
2 Testseren, nämlich die der Blutgruppen A und B.
Auf einem Objektträger werden 2 Blutstropfen mit Testserum der
Blutgruppen A (Anti-B) und Testserum der Blutgruppe B (Anti-A) vermischt.
Die Blutgruppenzugehörigkeit ändert sich im Laufe eines
Lebens nicht, sie ist erblich festgelegt.
Die Anlagen A und B folgen dem intermediären Erbgang; sie sind
"gleich stark". Beide sind gegenüber 0 dominant. Daraus folgt,
dass jeder Träger der Blutgruppe 0 ganz sicher reinerbig (00) ist.
Träger der Blutgruppe AB besitzen sowohl die Anlage für A
als auch die Anlage für B. Bei den Trägern der Blutgruppe
A und B kann sowohl Reinerbigkeit (AA oder BB) als auch Mischerbigkeit
mit einer Anlage für 0 (A0 oder B0) vorliegen.