Wirkung von Pharmaka auf die Synapsen:
Für jeden Neuro-Transmitter gibt es andere Akzeptorstellen. Damit
ist sichergestellt, dass nur der jeweils "passende" Transmitter eine
Wirkung erzielt. Trotz dieses Erkennungssystems treten Fehler auf:
Curare beispielsweise, das Pfeilgift südamerikanischer Indianer,
besetzt an den Skelettmuskeln die Akzeptorstellen für Acetylcholin,
ähnlich wie ein steckender falscher Schlüssel das Schloss für
den richtigen Schlüssel versperrt. Deshalb können durch Curareeinwirkung
die Befehle zur Kontraktion nicht mehr auf die Muskeln übertragen
werden. Muskellähmung und Tod durch Stillstand der Atmung sind die
Folge.
Atropin, das Gift der Tollkirsche, wirkt ganz ähnlich. Es
blockiert an den Eingeweidemuskeln die Akzeptorstellen für Acetylcholin.
Herz- und Atemlähmung stellen sich ein.
Transmitter:
Die Blockierung der Synapsen ist eine Möglichkeit, die Weitergabe
der Erregung zu beeinflussen. Es gibt aber auch Stoffe, die den Transmittern
chemisch ähnlich sind und auf diese Weise die Akzeptorstelle "täuschen":
LSD ist mit dem Transmitter Serotonin chemisch verwandt.
Meskalin, wie LSD ein Halluzinogen, und Amphetamin, ein Dopingmittel,
sind ähnlich aufgebaut wie Noradrenalin. Chlorpromazin, ein
Beruhigungsmittel, ähnelt Dopamin. Nikotin ahmt wahrscheinlich
die Wirkung des Acetylcholins nach.
Reserpin, ein Pflanzenwirkstoff, sorgt dafür, dass Synapsenbläschen
mit Noradrenalin diesen Transmitter vollständig abgeben. Dadurch
nimmt die Transmittermenge nach einiger Zeit ab. Da Noradrenalin den Blutdruck
erhöht, lässt er sich durch Reserpinzugabe senken.
Enzyme:
Auch
die Enzyme, die die Transmitter unwirksam machen, lassen sich beeinflussen:
E 605, ein Insektizid, hemmt das Enzym, das Acetylcholin spaltet.
Dadurch häuft sich der Transmitter im Synapsenspalt an und bewirkt
Übererregung. Noradrenalin wird durch die Enzyme MAO und COMT chemisch
so verändert, dass es von den Akzeptorstellen nicht mehr "erkannt"
wird.
Nervenzellen mit Noradrenalin als Transmitter sind an Funktionen wie
Wachen, Schlafen, aber auch an der Bildung von Emotionen beteiligt. Daher
lassen sich mit MAO- und COMT-Hemmstoffen beispielsweise die Depressionen
von Patienten, deren Nervenzellen zuwenig Noradrenalin bilden, erfolgreich
behandeln.
Durch Blockierung der Akzeptorstellen, Nachahmung von Transmittern
und Beeinflussung der Enzyme lässt sich die chemische Übertragung
an den Synapsen manipulieren.
Rauschgifte/Drogen:
Noch nicht im einzelnen bekannt ist die Wirkungsweise von Rauschgiften
wie Haschisch und Marihuana. Bei den Opiaten Morphin und Heroin
weiß man lediglich, dass es Zellen mit eigenen Akzeptorstellen dafür
gibt. Man weiß auch, dass im Körper selbst Opiate hergestellt
werden, die sogenannten Endorphine. Werden Schmerzen zum Gehirn gemeldet,
wirken die Endorphine auf die Informationsübertragung an den Synapsen
hemmend ein. Weniger Transmitter wird ausgeschüttet. Möglicherweise
werden auch bei der Akupunktur Endorphine freigesetzt. Die Wirkung von
Heroin und Morphin könnte also - zumindest teilweise - darauf
beruhen, dass sie die eigentlich für die Endorphine bestimmten Akzeptorstellen
besetzen.
Erregende und hemmende Synapsen:
Acetylcholin ist nicht der einzige Stoff, der auf chemischem Wege
zwischen den Nervenzellen und nachgeschalteten Nerven- oder Muskelzellen
vermittelt. Man kennt heute mehrere solcher Überträgerstoffe
oder Transmitter. Allerdings können die meisten Nervenzellen immer
nur einen bestimmten Transmitter bilden.
Die Bindung der Transmittermoleküle an die Akzeptorstellen der nächsten
Nervenzellen kann zwei verschiedene Folgen haben:
Die Natriumkanäle werden durchlässiger, das Ruhepotential
nimmt ab: Depolarisation. Dies gilt für erregende Synapsen.
Die Kanäle für K+ Ionen und CI- Ionen werden durchlässiger,
das Ruhepotential wird erhöht: Hyperpolarisation. Dies gilt für
hemmende Synapsen.
Welche Wirkung eintritt, hängt in erster Linie von den Akzeptorstellen
ab. Dennoch fällt auf, dass Acetylcholin, Noradrenalin, Dopamin,
Serotonin und Glutaminsäure häufiger an erregenden Synapsen
auftreten, y-Aminobuttersäure und Glycin dagegen häufiger an
hemmenden Synapsen.
Bilder:
Goll/Schwoerbel: Sinne, Nerven, Hormone (Cornelsen-Velhagen & Klasing)
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