Begriffsursprung von englisch: stress = „Anspannung, Druck, Belastung, Beanspruchung“. Den Ausdruck hat der österreichische Biochemiker Hans Selye (1907–1982) 1936 eingeführt.
Der Begriff "Stress" stammt aus der Materialprüfungstechnik und bedeutet ursprünglich Verzerrung, Verbiegung, aber auch Abpassung, beispielsweise bei Druck." Das Wort Stress wird sicher auch in der Materialprüfung benutzt, etymologisch bezieht es jedoch in der deutschen Sprache auf:
1) Mensch: anhaltende geistige, seelische oder körperliche Anspannung durch Überbeanspruchung oder schädliche Reize; seelischer Druck;
2) umgangssprachlich: Ärger, Druck;
3) Geologie: einseitig gerichteter Druck (zum Beispiel bei Gesteinsumwandlung);
4) Biologie: Einwirkung übermäßiger oder widersprechender Reize chemischer, physikalischer oder auch sozialer Art auf einen Organismus.
Die Hormone des Nebennierenmarks
Im Nebennierenmark werden das Adrenalin und das Noradrenalin gebildet.
Ihre Ausschüttung wird nicht wie beim Thyroxin von der Hypophyse
über Hormone, sondern vom Sympathicus veranlasst. Deshalb entfalten
sie ihre Wirkung viel rascher. Im Einzelnen sind dies:
* Beschleunigung des Herzschlags bis zum Herzklopfen.
* Veränderung der Blutverteilung durch Verengung der Hautgefäße,
Gefäßerweiterung in Muskulatur, Herz und zum Gehirn. Entleerung
der Blutdepots in Leber, Milz und Unterhautgewebe in den Kreislauf.
* Steigerung des Grundumsatzes und Erhöhung des Blutzuckerspiegels.
* Erweiterung der Bronchien und vertiefte Atmung.
* Anregung des Zentralnervensystems, Steigerung der "Bewusstseinshelligkeit".
* Hemmung der Darmperistaltik.
Die Hormone des Nebennierenmarks bewirken die bestmögliche Versorgung
von Muskulatur und Gehirn. Dadurch nimmt das Reaktionsvermögen zu,
der Körper wird in einen Zustand höchster Leistungsbereitschaft
versetzt.
Die Nebennierenrinde
Die Rinde der Nebenniere ist eine vom Mark völlig unabhängige
Hormondrüse. Sie produziert eine ganze Reihe chemisch verwandter
Hormone, so genannte Steroide. Nach ihrer Funktion sind es zwei Gruppen:
* Mineralocorticoide, wie das Aldosteron, regeln den Wasser- und Mineralstoffwechsel
unseres Körpers.
Abbildung: Schnitt durch eine Niere und Nebenniere. Die Nebenniere
(rechts oben) sitzt auf der Niere wie eine Kappe und gliedert sich in
Mark und Rinde. Beide (Mark und Rinde) waren ursprünglich selbstständige
Organe, die sich im Laufe der Evolution bei den Wirbeltieren zu einem
Organ vereint haben.
* Glucocorticoide, wie Cortisol und Corticosteron, beeinflussen vor
allem den Kohlenhydrat- und Proteinstoffwechsel.
Das Fight-and-Flight-Syndrom
Eine Antilope verhofft; sie hat den Löwen bemerkt, der sich anschleicht.
Der Löwe duckt sich zum Sprung. Bei beiden Tieren werden Adrenalin
und Noradrenalin ins Blut ausgeschüttet, denn beiden steht eine gewaltige
Anstrengung unmittelbar bevor. Ihren Körpern wird einerseits bei
der Flucht, andererseits beim Angriff das Äußerste abverlangt.
Fight-and-Flight-Syndrom nennt man alle Erscheinungen, die mit
dieser Notstandssituation zusammenhängen. Dass es dieses Syndrom
auch beim Menschen gibt, weiß jeder, der jemals Herzklopfen oder
Lampenfieber, Wut und Zorn fühlte. Die Ausschüttung der Hormone
des Nebennierenmarks erfolgt bei uns nicht nur im unmittelbaren Zusammenhang
mit körperlicher oder seelischer Not, sondern schon viel früher
als Vorbereitung auf ein zu erwartendes Ereignis. Der Körper wird
auch dann aufgeputscht, wenn der Vorbereitung keine physische Anstrengung,
sondern eine psychische Belastung folgt. Das ist nicht ungefährlich:
Die Hormone des Nebennierenmarks fördern die Freisetzung von Fettsäuren,
die zusammen mit dem gesteigerten Zuckerspiegel die Muskeln optimal mit
Energie versorgen. Häufiger Leerlauf dieser Art mit all seinen Folgen
wie Bluthochdruck und Anreicherung von Fettsäuren im Blut verkehren
einen an sich biologisch sinnvollen Ablauf in sein Gegenteil: Im Laufe
der Jahre lagern sich Lipide an den inneren Gefäßwänden
ab, Arteriosklerose und Herzinfarkt können die Folge sein: "Managerkrankheit".
Stress
Auf länger andauernde körperliche oder seelische Belastungen,
wie fortwährender Schmerz, Hunger, Kälte, Verletzungen, Krankheit,
Schwangerschaft, Sorgen und Einsamkeit, antwortet der Körper mit
einer vermehrten Produktion und Ausschüttung von Glucocorticoiden.
Dies verleiht dem Körper in länger dauernden schwierigen Situationen
die nötige Widerstandskraft zum Überleben. Man spricht von Stress.
Glucocorticoide wirken unter anderem entzündungshemmend, und sie
beschleunigen den Wundverschluss. Außerdem erhöhen sie die
Resistenz des Körpers bei Schock und Kollaps.
Im Unterschied zur Ausschüttung der Hormone des Nebennierenmarks
benötigt die Glucocorticoidfreisetzung längere Zeit, weil die
Informationsübertragung von der Hypophyse zur Nebennierenrinde durch
ein Hormon, nämlich das Hypophysenhormon ACTH, erfolgt.
* Stress wird durch Dauerreize, Stressoren, ausgelöst.
* Stress ist eine langsame Anpassung an länger dauernde Belastungen,
ein allgemeines Anpassungssyndrom.
Diagramm: Fight-and-flight-Syndrom und allgemeines Anpassungssyndrom
als Gesamtreaktion auf Stressoren. Die Adrenalinausschüttung gilt
als Sofortmaßnahme, die Corticoidausschüttung entfaltet eine
Langzeitwirkung.
Der Begriff Stress wird heute so weit gefasst, dass auch das Fight-and-Flight-Syndrom
dazu gerechnet wird. Denn Adrenalin verursacht über den Hypothalamus,
der durch Corticotropin-Releasing-Hormon (CRH) auf die Hypophyse einwirkt,
eine vermehrte ACTH-Abgabe. Auf diese Weise ist bei längerer Adrenalinausschüttung
ein allmählicher Übergang vom Fight-and-Flight-Syndrom in das
allgemeine Anpassungssyndrom möglich.
Das Anpassungssyndrom vermag die Resistenz über Wochen, ja über
Monate hinweg aufrecht zu erhalten. Doch bei Fortdauer der Stressoren
tritt schließlich ein körperliches und seelisches Erschöpfungsstadium
ein: Die Widerstandsfähigkeit des Körpers bricht zusammen.
Vorbeugend gegen Stress wirken Ausgeglichenheit, Vertrautsein mit der
Umwelt, körperliche Bewegung und eigenes schöpferisches Tun.
Abbildung: Ergebnis einer Blutuntersuchung bei Rennfahrern vor und
nach einem Autorennen.
Die Rennvorbereitung wirken als Stressoren. Die körperliche Arbeit
ist dagegen gering. Schon vor dem Rennen wird Noradrenalin ausgeschüttet.
Dies hat einen Anstieg der freien Fettsäuren im Blut zur Folge. Dieser
hohe Spiegel bleibt während des Rennens konstant. Nach dem Rennen
werden die Fettsäuren mit Glycerin zu Lipiden synthetisiert, die
dann für einige Stunden durch die Gefäße strömen.
Diese Vorgänge spielen sich bei allen aufregenden Situationen ab.
Bilder:
Goll/Schwoerbel: Sinne, Nerven, Hormone (Cornelsen-Velhagen & Klasing)
und
Czihak et al.: "Biologie" (Springer) -
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