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Karl von Voit, Max von Pettenkofer, Max Rubner - 19. Jh.
Liebig glaubte als erklärter Anhänger des Mechanismus, dass
Kohlehydrate und Lipide die Brennmaterialien für den Körper
seien, genauso wie sie einem offenen Feuer als Brennstoff dienen würden.
Das bedeutete einen Fortschritt gegenüber Lavoisiers Ansichten ein
halbes Jahrhundert vorher. Lavoisier hatte nur von Kohle und Stickstoff
sprechen können, während man jetzt genauer über Kohlehydrate
und Lipide, die aus Kohlenstoff, Wasserstoff (und Sauerstoff) zusammengesetzt
waren, sprach.
Liebigs Auffassungen regten zur Untersuchung an, ob die durch ein solches
Brennmaterial im Körper erzeugte Wärmemenge gleich der sei,
die man erhält, wenn Kohlehydrate und Fette außerhalb des Körpers
auf gewöhnliche Weise verbrannt werden. Lavoisiers einfache Experimente
legten den Schluss nahe, dass die Antwort "ja" heißen würde.
Die Experimentiertechnik hatte sich aber seit dieser Zeit weiter verfeinert,
so dass jetzt eine genauere Fragestellung notwendig erschien.
In den sechziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts wurden Geräte
zur Messung der beim Verbrennen organischer Verbindungen erzeugten Wärmemenge
entwickelt. Berthelot benutzte solche Geräte (Kalorimeter), um die
Wärmemengen von Hunderten solcher Reaktionen zu messen. Bei einem
gewöhnlichen Kalorimeter von der Art, wie sie Berthelot gebrauchte,
wird in einem geschlossenen Behälter eine brennbare Substanz mit
Sauerstoff vermischt, und dieses Gemisch wird auf elektrischem Wege zur
Entzündung gebracht. Der Behälter befindet sich in einem Wasserbad.
Das Wasser nimmt die bei der Verbrennung erzeugte Wärme auf, und
durch den Temperaturanstieg des Wassers kann man die frei gewordene Wärmeenergie
bestimmen.
Um die von Organismen erzeugte Wärmemenge zu messen, musste ein
für sie genügend großes Kalorimeter gebaut werden. Aus
dem vom Organismus verbrauchten Sauerstoff und erzeugten Kohlendioxyd
kann die Menge der auf diese Weise verbrannten Kohlehydrate und Lipide
berechnet werden. Die vom Körper erzeugte Wärmemenge lässt
sich wieder durch den Temperaturanstieg des Wassermantels messen. Diese
Wärmemenge kann dann mit der verglichen werden, die man bei der Verbrennung
der gleichen Menge von Kohlehydraten und Lipiden außerhalb des Körpers
erhalten hätte.
Der deutsche Physiologe Karl von Voit (1831-1908), ein Schüler
Liebigs, konstruierte gemeinsam mit dem deutschen Chemiker Max von
Pettenkofer (1818-1901) Kalorimeter, die groß genug waren, Tiere
und sogar Menschen aufzunehmen. Die von ihnen angestellten Messungen schienen
es sehr wahrscheinlich zu machen, dass lebendes Gewebe letzten Endes keine
anderen Energiequellen hatte als die, welche in der unbelebten Natur vorhanden
waren.
Voits Schüler Max Rubner (1854-2932) räumte durch weitere
Untersuchungen jeden möglichen Zweifel aus. Er stellte Messungen
über den Stickstoffgehalt von Urin und Kot an und analysierte die
Nahrung seiner Versuchsobjekte sehr genau, so dass er daraus Schlüsse
über Eiweiß, Kohlehydrate und Lipide ziehen konnte. Etwa 1884
war er in der Lage zu zeigen, dass Kohlehydrate und Lipide nicht die einzigen
Brennstoffe für den Körper waren. Eiweißmoleküle
konnten dieselbe Funktion übernehmen, nachdem die stickstoffhaltigen
Bestandteile entzogen worden waren. Als man auch Eiweiß als Brennstoff
erkannt hatte, konnte Rubner seine Messungen um so genauer durchführen.
Um 1894 war es ihm möglich zu zeigen, dass die von den Nahrungsmitteln
im Körper erzeugte Energie gleich der war, die durch eine gewöhnliche
Verbrennung frei geworden wäre (nachdem man den Energiegehalt des
Urins und Kots in Betracht gezogen hatte).
Der Satz von der Erhaltung der Energie galt in gleicher Weise für
die belebte als auch für die unbelebte Natur.
Die neuen Messungen wurden in der Medizin angewendet. Der deutsche Physiologe
Adolf Magnus-Levy (1865-1955) begann im Jahre 1893 die minimale Geschwindigkeit
der Energieerzeugung beim Menschen zu messen (Grundumsatz) und fand erhebliche
Abweichungen bei Krankheiten, in die die Schilddrüse verwickelt war.
Von da an wurden die Messungen des Grundumsatzes ein wichtiges diagnostisches
Hilfsmittel.
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