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Emil Adolf von Behring, Paul Ehrlich, Jules Baptiste Vincent Bordet,
August von Wassermann
Die Eigenschaft des Blutes, Hormone zu transportieren, war nur eine der
neuen Erkenntnisse, die gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts gefunden
wurden. Es diente auch zum Transport von Antikörpern, so dass es
zum Hauptverbündeten im Kampf gegen die Infektion werden konnte.
(Heute ist es schwer verständlich, dass Ärzte noch vor zweihundert
Jahren glaubten, der Aderlass sei der beste Weg, einem Patienten zu helfen.)
Die Verwendung von Blut bei der Bekämpfung von Mikroorganismen erlangte
durch die Forschungen zweier Assistenten von Koch Bedeutung. Es waren
die deutschen Bakteriologen Emil Adolf von Behring (1854-1917)
und Paul Ehrlich (1854-1915). Von Behring entdeckte die Möglichkeit,
Tieren einen bestimmten Krankheitserreger einzuimpfen und sie auf diese
Weise zu veranlassen, gegen den Erreger Antikörper zu bilden, die
im flüssigen Teil des Blutes (Blutserum) lokalisiert sind. Wenn
man einem so infizierten Tier Blut entnahm, konnte das Antikörper
enthaltende Serum einem anderen Tier eingespritzt werden, das dann, wenigstens
eine Weile, gegen die Krankheit immun war.
Behring hatte die Idee, die Diphtherie auf diese Weise zu bekämpfen.
Sie befiel besonders Kinder und verlief oft tödlich. Wenn ein Kind
die Krankheit überlebte, war es danach gegen sie immun. Warum sollte
man aber im Wettlauf mit dem Bakteriengift warten, bis das Kind seine
eigenen Antikörper gebildet hatte, statt diese Antikörper in
einem Tier zu entwickeln und sie dann dem kranken Kind als Serum zu injizieren?
Dieses Verfahren wurde während einer Diphtherieepidemie im Jahre
1892 erfolgreich erprobt.
Ehrlich arbeitete bei diesem Experiment mit Behring zusammen, und es
war wahrscheinlich Ehrlich, der die wirksame Dosierung und Behandlungstechnik
entwickelte. Die beiden Männer zerstritten sich, und Ehrlich arbeitete
danach unabhängig weiter, indem er seine Methode des Serumgebrauchs
so verbesserte, dass er als der eigentliche Begründer der Serumskunde
(Serologie) betrachtet werden kann. Diese Wissenschaft befasst sich mit
der Anwendungstechnik von Blutserum.
Zielt diese Technik darauf, Immunität gegen eine Krankheit herbeizuführen,
nennt man ihre Erforschung Immunologie.
Der belgische Bakteriologe Jules Baptiste Vincent Bordet (1870-1961)
war ein weiterer bedeutender Serologe in der Frühzeit dieser Wissenschaft.
1898, als er in Paris bei Mechnikow arbeitete, entdeckte er, dass die
Antikörper bei einer Erwärmung des Blutserums auf 55 Grad Celsius
im wesentlichen unberührt bleiben, da sie sich mit gewissen chemischen
Stoffen ("Antigenen") genauso wie vor der Erwärmung verbanden. Die
bakterienzerstörende Wirkung des Serums ist jedoch verlorengegangen.
Vermutlich muss eine sehr empfindliche Komponente oder Gruppe von Komponenten
den Antikörper ergänzen, bevor dieser mit Bakterien reagieren
kann. Bordet nannte diese Komponente "Alexin", während Ehrlich einfach
von "Komplement" sprach, und unter diesem Namen ist sie auch heute noch
bekannt.
Im Jahre 1901 zeigte Bordet, dass das Komplement verbraucht wird, wenn
ein Antikörper mit einem Antigen reagiert. Dieser Vorgang der "Komplementfixierung"
hat bei der Syphilis als diagnostisches Hilfsmittel Bedeutung. Das Verfahren
wurde im Jahre 1906 durch den deutschen Bakteriologen August von Wassermann
(1866-1925) entwickelt und ist heute noch als "Wassermanntest" bekannt.
Beim Wassermanntest lässt man das Blutserum mit gewissen Antigenen
reagieren. Sind die Antikörper auf Syphilismikroorganismen im Serum
vorhanden, dann findet die Reaktion statt und das Komplement wird verbraucht.
Der Verlust des Komplements ist daher für die Syphilis kennzeichnend.
Wenn dagegen das Komplement nicht verloren geht, hat die Reaktion nicht
stattgefunden, und es liegt keine Syphilis vor.
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