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Dimitri Iosifovich Ivanovski, Martinus Willem Beijerinck, Friedrich
August Johannes Löffler, Frederick William Twort, Bakteriologe Felix
Hubert d'Herell, Francis Peyton Rous, John Franklin Enders, Thomas Huckle
Weller, Frederick Chapman Robbins.
Die Serumskunde des zwanzigsten Jahrhunderts sparte sich ihre hervorstechendsten
Erfolge für den Kampf gegen eine Pasteur und Koch unbekannt gebliebene
Art von Mikroorganismen auf. Pasteur war es nicht gelungen, den Erreger
der Tollwut zu finden. Er vermutete, dass dieser zwar existiere, aber
zu klein sei, um von der damaligen Mikroskopiertechnik sichtbar gemacht
zu werden. Darin sollte er recht behalten.
Die Tatsache, dass ein Erreger sehr viel kleiner als gewöhnliche
Bakterien sein konnte, zeigte sich bei einer die Tabakpflanze befallenden
Krankheit (Tabakmosaikkrankheit). Man wusste, dass der Saft kranker Pflanzen
gesunde infizierte, und im Jahre 1892 gelang es dem russischen Botaniker
Dimitri Iosifovich Ivanovski (1864-1920), nachzuweisen, dass der Saft
kranker Pflanzen auch dann noch infektiös war, wenn er einen Filter
durchlaufen hatte, der alle damals bekannten Bakterienarten zurückgehalten
hätte. Das wurde 1895 unabhängig davon auch durch den holländischen
Botaniker Martinus Willem Beijerinck (1851-1931) entdeckt. Beijerinck
nannte den Erreger ein "filtrierbares Virus", wobei virus einfach
"Gift" bedeutete. Das kennzeichnete den Anfang der Virusforschung, der
Virologie.
Auch von anderen Krankheiten wurde nachgewiesen, dass sie durch filtrierbare
Virusarten verursacht wurden. Der deutsche Bakteriologe Friedrich August
Johannes Löffler (1852-1905) zeigte 1898, dass die Maul- und
Klauenseuche auf ein Virus zurückzuführen ist, und 1901 zeigte
dies Reed für das Gelbfieber. Das waren die ersten nicht bei Pflanzen
auftretenden Krankheiten, von denen man eine Virusursache nachweisen konnte.
Als Viruserkrankungen wurden auch Kinderlähmung, Fleckfieber, Masern,
Mumps, Windpocken, Grippe und die gewöhnliche Erkältung erkannt.
Ein besonderer Fall, bei dem man fast an das Sprichwort "wer andern eine
Grube gräbt, fällt selbst hinein" denken könnte, tauchte
in diesem Zusammenhang im Jahre 1915 auf, als der englische Bakteriologe
Frederick William Twort (1877-1950) beobachtete, dass einige seiner
Bakterienkulturen trübe wurden und sich dann auflösten. Er filterte
diese verschwindenden Kulturen, und es zeigte sich, dass im Filtrat etwas
enthalten war, das normale Kulturen zur Auflösung veranlasste. Offensichtlich
konnten die Bakterien ebenfalls von einer Viruserkrankung befallen und
somit die Parasiten selbst das Opfer noch kleinerer Parasiten werden.
Der kanadische Bakteriologe Felix Hubert d'Herell (1873-1949) machte
unabhängig davon im Jahre 1917 eine ähnliche Entdeckung. Er
nannte Bakterien befallende Virusarten "Bakteriophagen" (Bakterienfresser).
In der Liste der Viruskrankheiten ist der Krebs bis jetzt noch ein Rätsel
geblieben. Diese Krankheit ist während des letzten Jahrhunderts immer
mehr zum Killer geworden. In dem Maße, in dem anderen Krankheiten
Einhalt geboten wird, fordern die noch unbezwungenen (unter ihnen der
Krebs) eine größere Zahl an Opfern. Das langsame, unerbittliche
Wachsen der Krebsgeschwulst der oft schleichende, schmerzvolle Tod machen
den Krebs in unserem Zeitalter zum größten Schrecken der Menschheit.
Während der Anfangserfolge der Theorie der Krankheitserreger hätte
man geglaubt, dass sich der bakterielle Ursprung des Krebses herausstellen
würde. Man fand jedoch keine Bakterie. Nachdem die Existenz von Viren
festgestellt worden war, suchte man auch vergeblich nach einem Krebsvirus.
Dies in Verbindung mit der Tatsache, dass Krebs nicht ansteckend war,
führte bei vielen Forschern zu der Vermutung, es handele sich bei
Krebs um keine durch Krankheitserreger verursachte Krankheit.
Obgleich dies so sein kann, bleibt doch die Tatsache bestehen, dass man
bestimmte virusähnliche Gebilde für bestimmte Typen der Krankheit
entdeckt hat, ohne einen allgemeinen Virus für die allgemeine Krankheit
gefunden zu haben. Im Jahre 1911 untersuchte der amerikanische Arzt
Francis Peyton Rous (1879-1970) ein Huhn, das einen "Sarkom" genannten
Tumor hatte. Er entschloss sich unter anderem, das Sarkom auf Viren zu
untersuchen. Zu diesem Zweck zerkleinerte undfiltrierte er es und beobachtete,
dass das Filtrat in anderen Hühnern Tumore erzeugte.
Das "Rous-Hühnersarkom-Virus" war ungefähr ein viertel Jahrhundert
hindurch das einzige klar überschaubare Beispiel einer Ansteckungsquelle
für eine Krebserkrankung. In den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts
und später wurden weitere Beispiele entdeckt. Trotzdem bleibt die
Sache unklar und die Untersuchung des Krebses (Onkologie) ist eine der
wesentlichen Arbeitsgebiete der Medizin.
Obgleich die physikalische Natur der Viren nach ihrer Entdeckung noch
etwa vierzig Jahre unbekannt blieb, war das keineswegs ein Hindernis,
folgerichtige Maßnahmen zur Behandlung von Viruskrankheiten zu ergreifen.
Tatsächlich waren ja die Pocken, die erste von der Medizin erfolgreich
bekämpfte Krankheit, eine Viruserkrankung. Die Impfung gegen Pocken
veranlasst den Körper, Antikörper zu bilden, die in besonderer
Weise mit dem Pockenvirus fertig werden, und das ist eine Art serologischer
Technik. Wahrscheinlich könnte jede Viruskrankheit durch eine serologische
Behandlung bekämpft werden.
Die Schwierigkeit liegt hier im Auffinden einer Virusart, die keine ernsthaften
Symptome erzeugt und doch die Bildung der notwendigen Antikörper
gegen die bösartigen Viren veranlasst (also eine ähnliche Funktion
ausübt wie die Kuhpocken im Fall der Pockenerkrankung). Dieses Verfahren
war von Pasteur benutzt worden, um Bakterienkrankheiten zu bekämpfen.
Bakterien können aber ohne große Schwierigkeiten gezüchtet
und leicht in einer Weise behandelt werden, die eine Erzeugung schwacher
Abarten fördert.
Unglücklicherweise kann ein Virus nur in lebenden Zellen existieren,
und das erhöht die Schwierigkeit des Problems. So hatte der südafrikanische
Mikrobiologe Max Thieler in den dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts
dadurch einen Impfstoff gegen das Gelbfieber entwickeln können, dass
er mit peinlicher Genauigkeit das Gelbfiebervirus zuerst auf Affen und
dann auf Mäuse übertrug. Bei den Mäusen entwickelte es
zu einer Enzephalitis (Gehirnentzündung). Nach einer Verpflanzung
des Virus von Maus zu Maus übertrug er es schließlich wieder
zurück auf Affen. Dabei hatte sich ein in seiner Wirkung gemildertes
Virus entwickelt, das nur die schwächsten Gelbfieberanfälle
hervorrief, aber gegen die übelsten Arten des Virus immun machte.
In der Zwischenzeit war auch ein lebendes Analogon der Kochschen Nährbrühe
durch den amerikanischen Arzt Ernest William Coodpasture (1886-1960)
entdeckt worden. Im Jahre 1931 führte er als Nährboden für
Viren lebende Hühnerembryonen ein. Wenn dabei der obere Teil der
Eischale entfernt wird, dient der Rest als eine natürliche Petrischale.
Etwa 1937 wurde durch Theiler ein noch zuverlässigerer Gelbfieberimpfstoff
hergestellt, nachdem er eine geschwächte Abart des Virus unter solchen
ausgewählt hatte, die in fast zweihundert Übertragungen von
Hühnerembryo auf Hühnerembryo gezüchtet waren.
Die spektakulärste Tat der neuen serologischen Technik vollzog sich
im Zusammenhang mit der spinalen Kinderlähmung. Das Virus wurde zuerst
im Jahre 1908 durch Landsteiner isoliert, der diese Krankheit auch als
erster auf Affen übertrug. Affen sind jedoch teure und schwierige
Versuchstiere, und die Ermittlung eines wenig schädlichen Virus durch
Infektion einer großen Anzahl von Affen ist undurchführbar.
Der amerikanische Mikrobiologe John Franklin Enders (1897-1985)
versuchte im Jahre 1948 mit den beiden jungen Mitarbeitern Thomas Huckle
Weller (geb. 1915) und Frederick Chapman Robbins (geb. 1916)
Viren in zerquetschten, mit Blut getränkten Hühnerembryonen
zu züchten. Versuche dieser Art waren schon früher angestellt
worden, blieben aber erfolglos (gleichgültig, ob sich das Virus vermehrte
oder nicht), weil schnell wachsende Bakterienstämme die Virenkultur
überschwemmten. Enders hatte jedoch den Gedanken, das soeben entwickelte
Penicillin seinen Kulturen beizugeben. Das hielt die Vermehrung der Bakterien
auf, ohne die Viren zu schädigen, und auf diesem Wege gelang ihm
die erfolgreiche Züchtung des Mumpsvirus.
Das Verfahren wandte er als nächstes beim Virus der spinalen Kinderlähmung
an und hatte im Jahre 1949 wiederum Erfolg. Jetzt war es möglich,
das Virus leicht und in genügender Menge zu züchten, sodass
man unter Hunderten von Arten nach einer schwachen mit den gewünschten
Eigenschaften suchen konnte. Der polnisch-amerikanische Mikrobiologe
Albert Bruce Sabin (1906-1993) hatte etwa bis 1957 eine schwache Virusart
für jede der drei Abarten der spinalen Kinderlähmung gefunden
und erfolgreiche Impfstoffe dagegen herstellen können.
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